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Zivilcourage

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Zivilcourage

Freundin Elli hat Zivilcourage. Das ist eine löbliche Eigenschaft, die ja meistens auch einhergeht mit dem Helfersyndrom. Wird sie Zeuge einer Ungerechtigkeit, muss sie einfach einschreiten, ohne Rücksicht auf die oftmals unangenehmen Folgen.

 

Ich bewundere sie für ihren Mut. Sie schildert Begebenheiten von Fehlverhalten, bei denen sie sich ganz klar nicht zurückhalten konnte:

Da war die Mutter mit dem etwa achtjährigen Buben. Er durfte den Kassenzettel im Gewinnautomaten beim Grossverteiler einscannen. Auf die Meldung „kein Gewinn“ meinte die Mutter: „Siehst du, nur brave Kinder gewinnen“. Als die gleiche Absage auch beim Bon von Elli erschien, zeigte sie das dem Kind mit dem Hinweis, sie sei sicher brav gewesen. Im Tea-Room sitzt ein Vater mit seinem Sprössling, der die ersten Worte spricht, natürlich Mama. Darauf der Erzieher: „Mama bös, Papa lieb“. Auf Ellis entsetzte Reaktion meinte der Mann, sein Hinweis sei eigentlich lustig gemeint. Also gehört auch Dummheit zum Fehlverhalten.

Elli beobachtet auf dem Markt einen Taschendieb in Aktion. Ein Polizeiposten ist in der Nähe und nimmt Ellis Meldung entgegen. Allerdings wird sie nachher eine Stunde lang verhört und es werden von ihr alle erdenklichen persönlichen Angaben verlangt.

Die Parkplätze bei der Überbauung sind für Besucher gedacht und von offizieller Seite auch als solche bezeichnet. Die Plätze werden wochentags kaum benutzt. Das Schulhaus in unmittelbarer Nähe wird im Moment umgebaut. In der weitverzweigten Gemeinde werden viele Kinder noch per Auto transportiert, und so ist es vorgekommen, dass ab und zu ein unberechtigtes Fahrzeug für ein paar Minuten da stand. Ein besonders pingeliger Hausbesitzer hat nun ein handgeschriebenes Plakat zusätzlich hingestellt mit einem warnenden Hinweis an die lieben Eltern. Eigentlich ist jedermann gegen diese absurde Massnahme. Wer möchte schon als Spiessbürger gelten. Niemand wagt einen Einspruch. Nur Elli ruht nicht, bis sie den Urheber unter den vielen Anwohnern ausfindig gemacht hat und ihn bewegen kann, den diskriminierenden Aushang zu entfernen.

Es ist nicht einfach abzuschätzen, wo Zivilcourage eingesetzt werden sollte, und wo das Einschreiten als reine Schikane empfunden werden kann. Man muss aber doch für seine Überzeugungen einstehen, vor allem, wenn es um Ungerechtigkeiten geht.

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