fbpx

Wohnungssuche Senioren: Ab 65 wird’s schwieriger

Autor: Jürg Zulliger, homegate.ch

Wie sieht heute die Wohnungssuche für Senioren aus? Ältere Menschen sind mit den neusten, digitalen Methoden weniger vertraut als die jüngere Generation. Wenn sie freiwillig oder unfreiwillig ein neues Zuhause suchen, ist meist auch das Budget begrenzt. Doch es gibt Lösungen: In Zürich helfen pensionierte Immobilien-Profis.

Wohnungssuche Senioren: Ab 65 wird’s schwieriger

Die Problematik «Wohnungssuche Senioren» ist in der Öffentlichkeit bisher erst am Rand behandelt worden. Doch fast täglich gibt es neue Fallbeispiele. Erzählen wir kurz die Geschichte der 72-jährigen Samira D.: 1975 zogen sie und ihr Mann in ein hübsches, stilvolles Mehrfamilienhaus im Seefeld in Zürich. Doch der Altbau wird abgebrochen. Aufgrund mehrerer Härtefälle im Haus gewährte die Eigentümerin – eine grosse Versicherungsgesellschaft – noch ein Jahr Mieterstreckung. Doch schon bald müssen alle Wohnungen leer sein.

Ein Zuhause für Rentnerin mit Katzen

Die seit vier Jahren verwitwete Rentnerin Samira D. hat sich schon über 20 Mal für eine neue Wohnung beworben – vergeblich. Einen engen Familienkreis hat sie nicht. Das Einzige, was ihr im Moment etwas Geborgenheit gibt, sind ihre beiden Katzen Jimmy und Maggie. Natürlich ist sie im Bild darüber, dass Wohnungen heute vor allem auf Plattformen auf dem Internet vermarktet werden. «Mein Enkel hilft mir», so erzählt sie, «wenn ich etwas auf dem Computer oder dem Handy erledigen muss.» Als sie das letzte Mal eine Wohnung gesucht hat – vor über 40 Jahren – lief das alles noch ganz anders.

Dieter Beeler, Präsident des Branchenverbandes SVIT Zürich, sagt zum Stichwort Wohnungssuche Senioren: «Da manche neuen Angebote oft nur kurz auf dem Netz sind, ist Geschwindigkeit tatsächlich ein gewichtiger Faktor.» Wenn sich ältere Menschen erst einmal gründlich Gedanken machen, ob dieser oder jener Standort infrage käme, haben andere in der gleichen Zeit ihre Bewerbung schon online eingereicht.

In vielerlei Hinsicht kann sich Samira D. keinen Reim darauf machen, weshalb ihre Bewerbung anscheinend kaum je in die engere Auswahl kommt. «Als Mieterin habe ich mich stets sehr korrekt verhalten und über all die Jahre die Miete pünktlich bezahlt», erzählt sie weiter. – Statistisch ist es schwer zu belegen, doch ab dem Alter 65+ und 70+ sind die Leute nicht mehr erste Wahl bei den Wohnungsverwaltungen.

Wohnungssuche Senioren: «einfach aussortiert?»

Walter Angst vom Mieterverband Zürich sagt dazu: «Wenn der Stapel an Bewerbungen gross genug ist, werden die älteren Bewerberinnen und Bewerber ganz einfach aussortiert.» Über die Gründe lässt sich nur spekulieren: Zum einen gibt es die Tendenz der Branche, eher grössere, topmoderne und teure Wohnungen zu bauen. Wer wie Samira D. über 40 Jahre lang in einer günstigen Altbauwohnung zur Miete lebte, kann nicht plötzlich 2’000 oder 3’000 Franken für eine Neubauwohnung aufbringen. Sicher gibt es auch vermögende Rentner. In vielen Haushalten von Pensionierten muss man aber mit AHV und Ergänzungsleistungen auskommen.

Kontingente bei Genossenschaften

Rentnerinnen und Rentner wie Samira D. suchen meist ganz bestimmte Wohnungen, die eben generell knapp sind: gut gelegen und gut zahlbar. So richten viele ihre Hoffnungen auf gemeinnützige Stiftungen und Genossenschaften. Samira Courti von der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich (ABZ) erläutert, dass die ABZ älteren Mietinteressenten in verschiedener Hinsicht entgegenkomme: Bei der Erstvermietung für den Neubau Glattpark mit 286 Neubauwohnungen wurde ein Kontingent von gut 20 Wohnungen speziell für Seniorinnen und Senioren reserviert.

«Während man sich für alle anderen Wohnungen während drei Wochen online bewerben konnte, haben wir die Frist für diese Wohnungen um rund sechs Wochen verlängert», so die Vertreterin der Genossenschaft. Wer die Bewerbung nicht online ausfüllen konnte oder wollte, hatte die Möglichkeit, persönlich bei der Verwaltung zu erscheinen. Beide Angebote wurden in diesem Fall kaum genutzt. Die meisten Bewerber haben sich im Familien- und Bekanntenkreis Unterstützung geholt. Wichtiger ist aus Sicht der ABZ, dass diese Zielgruppe direkt angesprochen wird – etwa mit einem speziellen Flyer. Das Fazit von Samira Courti lautet: «Es ist wesentlich, dass die älteren Menschen frühzeitig über die verschiedenen Anlauf- und Informationsstellen Bescheid wissen.»

Dies bestätigt eine Stichprobe bei einigen grossen Firmen und Organisationen, etwa bei der Livit AG, einer der grossen, schweizweit tätigen Immobilienverwaltung. «Bei Sanierungen bieten wir eine spezielle Dienstleistung an», sagt Marietta Hersche von der Livit, «mit unserer Mieterspezialbetreuung helfen wir allen Mietparteien, wieder ein neues Zuhause zu finden.» Da die Livit wie andere Verwaltungen aber nicht selbst Eigentümer ist, hängt das Vorgehen und eine allfällige Unterstützung immer auch vom Wunsch des Eigentümers ab.

Wohnungssuche Senioren: SVIT Senior

Die Branchenorganisation SVIT Zürich hat sich schon vor einigen Jahren des Themas «Wohnungssuche Senioren» angenommen. «Wir führen unter anderem Informationsveranstaltungen für Pensionierte durch», erläutert Dieter Beeler vom SVIT Zürich. Hinzu kommen persönliche Beratungen in Härtefällen. Jedenfalls hat die Gruppe «Svit Senior» schon in mehreren Fällen älteren Mietern zu einer neuen Wohnung verholfen.

Die Dienstleistung wird notabene von pensionierten Berufsleuten aus der Branche erbracht. Wer aus seiner Berufstätigkeit gute Kontakte und Knowhow einbringt, wird auch in schwierigen Fällen wesentlich zu einer Lösung beitragen können. Den Experten ist es aktuell auch ein Anliegen, die Sensibilität für «Wohnungssuche Senioren» zu verbessern.

Der Branchenvertreter Dieter Beeler hält Vorurteile, wie sie sich bei manchen Verwaltungen und Vermietern immer noch halten, schlicht für unbegründet: «Die meisten Menschen der älteren Generation sind sehr angenehme Mieter. Sie halten sich an die Regeln des Zusammenlebens und haben eine gute Zahlungsmoral.»

Wohnungssuche Senioren: Tipps, die Gold wert sind

  • Wohnbedürfnisse festlegen: Klären Sie im Voraus, was genau Sie suchen (Grösse, Standort, maximale Miete, Umfeld, Ausstattung, hindernisfreies Wohnen etc.).
  • Referenzen: Ist eine für Sie passende Wohnung ausgeschrieben, sollten Sie alle Unterlagen schon parat haben! Dazu zählen Referenzen (vor allem des jetzigen Vermieters), Nachweis und Unterlagen zu Ihrem Einkommen, Auszug Betreibungsregister.
  • Unterstützung: Sind Sie mit Online-Portalen auf dem Internet nicht so vertraut wie Ihre Kinder oder Enkel? Holen Sie sich Unterstützung! Sicher können Ihnen Ihre Kinder oder andere nahe Vertrauenspersonen Tipps geben, etwa zur Einrichtung von Suchabos etc.
  • Besichtigung: Auch wenn Wohnungen oft nur noch digital ausgeschrieben werden, findet fast immer eine Besichtigung statt. Versuchen Sie, mit dem Verwalter ins Gespräch zu kommen. Sammeln Sie Informationen, sei es aufgrund der Vermietungsunterlagen, über die anderen Mieter im Haus, über die Hausverwaltung. Überlegen Sie sich, was für ein Mietertyp gesucht sein könnte. Je besser Sie sich in diese Ausgangslage hineindenken, umso besser können Sie sich selbst «verkaufen».
  • Bewerbung: Heute sind die Chancen nicht mehr allzu gross, über eine «blinde» Bewerbung zu einer guten Wohnung zu bekommen. Bewerben Sie sich daher ganz explizit auf eine tatsächlich ausgeschriebene Wohnung und gehen Sie sehr konkret auf dieses Angebot ein. Beachten Sie unbedingt auch das in den Unterlagen oder bei der Online-Ausschreibung vorgegebene Prozedere.
  • Netzwerk: Manchmal werden Wohnungen auch unter der Hand vergeben, oder es sind Mieter, die eine Wohnung kurzfristig ausschreiben («Ersatz-Mieter gesucht»). Wenn Sie sich laufend im Bekanntenkreis umhören, verbessern sich Ihre Chancen. Kontaktieren Sie auch Beratungsstellen Ihrer Gemeinde, fragen Sie bei Genossenschaften und Stiftungen.
  • Beratungsstellen: Fast in allen Städten, Quartieren und Dörfern finden sich Anlaufstellen und Informationsmöglichkeit – für fast alle Anliegen rund um das Stichwort «Wohnungssuche Senioren“. Nur heissen diese Stellen überall etwas anders. Teils sind es Regionalstellen von Pro Senectute (Wohnberatung ist ein wichtiger Teil), Nachbarschaftshilfen, Informationsstellen für Altersfragen etc.

Hilfe und Kurse für Senioren (beim Branchenverband): SVIT Zürich: www.svit-senior.ch

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments