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Was für ein Strassenbild

Autor: Emil Steinberger, Mitglied des Patronatskomitees von „sicher-mobil.ch“ | Foto: Patrick Bussmann

Seit Jahren setzt sich Emil Steinberger für die Sicherheit älterer Fussgänger im Strassenverkehr ein.

Emil Steinberger

Vor nicht allzu langer Zeit sagte ein mir entgegenkommender Passant: „Emil, was machsch au für en suure Stei?“ Ich musste lachen, aber der Passant, eine mir unbekannte Person, war schon wieder verschwunden. Ich konnte ihm seine Frage nicht einmal beantworten, denn ich hatte wirklich keinen Grund, trist zu schauen. Wir hören ja oft die Feststellung, dass man beim Beobachten der Menschen auf der Strasse sehr wenige fröhliche Gesichter finden kann. Geht es uns allen denn so schlecht? Haben wir immer nur Probleme im Kopf? Oder ist es einfach so, dass wir uns gar keine Mühe mehr geben, etwas fröhlicher durch den Alltag zu gehen, mit einer Mimik und Physiognomie, die das auch wirklich ausstrahlt? „Was machsch au für en suure Stei?“ – Dabei war ich doch gar nicht schlecht gelaunt, sondern konzentrierte mich nur auf all die Arbeiten, die ich am gleichen Tag noch zu verrichten hatte. Und was würde man denn von mir denken, wenn man mich auf der Strasse anträfe und ich stets vor mich hin lachen oder lächeln würde? Halt, nicht nur ich wäre so anzutreffen, sondern Hunderte von Menschen. Alle würden strahlen, lächeln, lachen. Das wäre ja fast schon wieder unheimlich.

Grimassen schneiden verboten
Japanische Touristen haben einmal in einem Interview erzählt, dass sie enttäuscht seien von den Schweizern. So ein erfolgreiches Land, so viel Geld und Vollbeschäftigung, und trotzdem hätten sie noch nie in einem Land so viele deprimierte Gesichter auf der Strasse gesehen wie in der Schweiz!
In Amerika, in Pocatello, Idaho, hätte ihnen das nicht passieren können, denn dort gibt es ein Gesetz, das Fussgängern und Automobilisten untersagt, Grimassen zu schneiden und depressiv zu schauen, weil sie damit den Ruf der Stadt schädigen könnten.
Soll ich mir also, wenn ich in Zukunft auf die Strasse gehe, zur Pflicht machen, meine Mundwinkel gleich beim Verlassen der Haustüre hinauf zu ziehen? Oder müsste mein Strahlen nicht eher von innen her kommen? Natürlich würde so ein positives Denken auch mitten im stressigsten Strassenverkehr automatisch meine Gesichtsmuskeln positiv beeinflussen. Wenn ich auf dem Fussgängerstreifen dem korrekt anhaltenden Automobilisten nur ein Augenzwinkern, ein verschmitztes Lächeln oder ein Hand–Dankeszeichen geben würde, könnte sich so eine neue Strassen-Verhaltenskultur entwickeln und immer weiter fortpflanzen. Natürlich ist einer der Grundbausteine zu so einer Verhaltenskultur in der Schweiz die freundlich-humorvolle Stimmung, die man stets in sich tragen müsste. Aller Anfang ist leicht!

Wirkung des Worts „Whisky“
Hier eine ganz kleine Übung: Wenn bei Ihnen das Telefon klingelt, nehmen Sie nicht gleich den Hörer ab. Sagen Sie zuerst laut und deutlich das Wort „Whisky“. Sie werden feststellen, dass beim Aussprechen dieses Wortes Ihre Mundwinkel automatisch in eine positive Position gebracht werden und sich Ihre Stimme aufhellt und viel freundlicher klingt. Dann erst heben Sie den Hörer ab und sprechen im gleichen freundlich-fröhlichen Ton weiter. Das wäre eine erste kleine Lektion. Später müssten Sie dann den Club der fröhlichen Gesichter gründen. Ohne den Mund zu öffnen, sagen Sie sich auf der Strasse im Geheimen das Wort „Whisky“ und lächeln dementsprechend dabei. Sie werden so im Handumdrehen optimistischer aussehen und Gefahr laufen, dass Ihre Freunde Sie fast nicht wiedererkennen. Aber das macht zur Abwechslung auch mal nichts aus, denn Sie sind ja sowieso – ohne, dass man es Ihnen ansieht – am konzentrierten Studieren, wie Sie die bevorstehenden Arbeiten heute alle noch erledigen wollen!
Sollten Sie mich einmal mit einem „suure Stei“ auf der Strasse ertappen, dann sagen Sie beim Kreuzen laut „Whisky“! Ich werde Ihnen dankbar sein.

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