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Väter und Söhne

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Annemarie Golser

Da wird einer in ein hohes politisches Amt gewählt und den Medien mit dem Zusatz «Sohn eines Maurers» vorgestellt. Welche Aussage steckt dahinter?

Will man damit beweisen, dass auch der Spross aus einfachen Verhältnissen zu solchen Ehren kommen kann? Einer Zeitungsnotiz kann man entnehmen, dass ein junger Richter sein Rechtsempfinden wohl seinem Polizistenvater verdankt. Die Mütter werden kaum erwähnt, es sei denn, sie hätten Grosses geleistet à la Madame Curie.

Für unser Dorfblatt befrage ich fünf Unternehmer, die ihren Betrieb altershalber verkauft oder einem Nachfolger übergeben haben. Alle sind seinerzeit in die Fussstapfen ihres Vaters getreten und zwar, wie sie einhellig versichern, freiwillig und ohne Druck. Wie abgesprochen beteuern sie, dass sie diesen Schritt nie bereut hätten.

Ist die Übereinstimmung ein seltener Glücksfall oder war diese Generation einfach weniger aufmüpfig als die Jugend heute? Von ihnen erfahre ich, dass eine positive elterliche Beeinflussung für die Berufswahl möglich ist. Die väterliche Werkstatt war ihnen schon als Buben vertraut. Kleine Handreichungen waren schon früh selbstverständlich. Für sie hatte die Übernahme vor allem Vorteile. Vieles war vorgespurt, die Räumlichkeiten waren vorhanden, ein treuer Kundenstamm auch. Der Senior stand notfalls noch mit Rat und Tat zur Verfügung. Die eher belastenden Seiten des Betriebs wurden ihnen nicht vorenthalten: Die Verantwortung für die Familie, für das Personal, die anspruchsvolle Lehrlingsausbildung, die behördlichen Verordnungen, der Konkurrenzkampf des Kleinunternehmers, die Dauerpräsenz, die langen Arbeitszeiten.

Alle fünf, der Metzger, der Sanitär, der Maler, der Spengler, der Bäcker, alle mit dem Meistertitel, versichern, dass die Liebe zu ihrem Handwerk im Laufe der Jahre noch gestiegen sei. Das Höchste für sie war, wenn es ihnen gelang, bei einem jungen Menschen die Freude am Beruf zu wecken. Sie sehen ihr Metier durch den Einsatz von Maschinen und Robotern nicht gefährdet, denn das persönliche Engagement für den Kunden müsse weiterhin gepflegt werden. Kleiner Wermutstropfen: Ihre eigenen Söhne und Töchter haben andere Berufe gewählt.

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