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Sitzordnungen

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Für ältere Bernerinnen und Berner bleibt sie unvergessen. Die adlige Elisabeth de Meuron-von Tscharner (1882 – 1980). Dunkel gekleidet, mit riesigem Hut und ebensolchem Hörrohr, begleitet von zwei Windhunden, konnte man ihr in den Gassen der Hauptstadt begegnen. In der Kirche Amsoldingen hatte sie ihren festen Platz. Einmal sass da ein einfacher Gemeindebürger und hielt ihr vor, dass vor dem Herrgott alle Menschen gleich seien. Da konterte Madame, wie sie von allen genannt wurde: „villicht im Himmu, aber hie unger weimer einschtwile no Ornig ha.“

Das ist eine der vergleichsweise harmloseren Geschichten, die sich um diese bemerkenswerte Persönlichkeit mit dem eher tragischen Frauenschicksal ranken. Eine Buchautorin aus ihrer Verwandtschaft hat vor ein paar Jahren glücklicherweise mit absurden und verletzenden Anekdoten aufgeräumt.

In vielen Bereichen, u.a. im Parlament, im Gerichtssaal, in der Kirchenhierarchie, dokumentiert die Sitzordnung die Bedeutung einer Person. Auch bei sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen sind die besten Plätze der Prominenz vorbehalten. Früher galt das auch im Privaten. Der Hausherr thronte ganz selbstverständlich zuoberst an der Tafel und hatte so die Übersicht auf das Geschehen bei Tisch. Eher in die heitere Ecke gehört das Bemühen der Organisatoren um Durchmischung der Gäste an Seniorenanlässen. Es ist ja immer etwa das gleiche Grüppchen, das da zusammenkommt, um gemeinsam zu essen oder einen unterhaltsamen Nachmittag zu verbringen. Zielstrebig steuern die Besucher auf ihren gewohnten Platz zu und lassen sich keine anderen Tischnachbarn aufdrängen. Das Argument, sich mit anderen Personen austauschen zu können, überzeugt sie nicht. Familienfeiern sollten möglichst harmonisch verlaufen. Die Gastgeber kennen aber ihre Pappenheimer und markieren die Sitzordnung vorsichtshalber mit Tischkärtchen.

Das spielerische Auflockern der Anwesenden via Besentanz gehört zu den Jugenderinnerungen

Buchhinweis, als Zeitdokument auch für Nichtberner lesenswert:
Karoline Arn, Elisabeth de Meuron-von Tscharner. Der Wunsch der Löwin zu fliegen, 316 Seiten, Zytglogge Verlag 2014

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1 Kommentar
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Ursula Merz
11. Februar 2020 16:02

Interessante Informationen, Danke für weitere Zusendungen. Freundliche Grüsse Ursula Merz