fbpx

Menschen an der Basis

Autorin: Annemarie Golser, terzExpertin

„Basismenschen“ prägten nicht nur unser Umfeld, falls wir im Dorf aufgewachsen sind. Sie gehören unverzichtbar auch in die Gegenwart. Und zur Basis zu gehören verträgt sich sehr wohl mit menschlichen Qualitäten und mit Herzensbildung. Es schliesst gleichwohl nicht aus, intellektuelle Überlegenheit hoch zu achten.

Annemarie Golser

Annemarie Golser

Ist der Standesdünkel wirklich nur noch ein Relikt aus vergangener Zeit? Schliesslich geht heute die Studentin mit der Kollegin aus der Primarschule in den Ausgang und der Herr Direktor fährt per Fahrrad zum Arbeitsplatz. Und doch wird immer noch belächelt, wer Mozart nur mit Schokoladekugeln in Verbindung bringt.
Auf den Ausdruck „Basismenschen“ wurde ich im aufschlussreichen Jahr der Frau aufmerksam gemacht. Es war von einer Frauengruppe die Rede, die wegen ständiger Arbeitsüberlastung und schlechterem Schulsack wenig an „Kulturellem“ interessiert sei.
Die einzige Lektüre beschränke sich auf die Magazine der Regenbogenpresse. Auch hier eine Verallgemeinerung, ohne zu bedenken, dass menschliche Qualitäten und Herzensbildung auch die „Basisfrau“ auszuzeichnen vermögen.
Es waren vor allem „Basismenschen“, die das Dorfbild prägten und das Buch meiner Kindheit belebten: der Schuhmacher und Philosoph im verwitterten Holzhäuschen, der viel Verständnis hatte für Kindernöte und die bekümmerten Seelen der erwachsenen Kundschaft. Die Bäckersfrau, die so rund war wie ihr süsses Gebäck, das sie bei Wind und Wetter von Haus zu Haus feilbot. Die Wäscherin mit den roten Händen und dem Duft nach Kernseife, die ihrer harten Arbeit zum Trotz in der dampfenden Waschküche sang. Später bin ich im Feriendorf der Berglerin begegnet, die Natur- und Lebenskatastrophen mit jenem Gleichmut aufnahm, der durch die Erdverbundenheit entsteht und die mich mit ihrem grenzenlosen Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Körpers, beeindruckte.
Basis bedeutet nach Duden nicht nur Grundlage, sondern auch „Stütz- und Ausgangspunkt“. Wenn ich meinen Hausarzt, dem ich viel verdanke, mit „Herr Doktor“ anspreche, so ist das in den Augen vieler jüngerer Zeitgenossen immer noch ein Kniefall vor dem Intellekt. Warum eigentlich nicht? Ich denke, er verdient dieses Zeichen von Achtung.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments