fbpx

Materielle Sicherheit im Alter und Generationen­solidarität

Autorin: Margrit Bossart

Das Bild der Alten, die sich auf Kosten der Jungen ein schönes Leben machen, ist ebenso verbreitet wie falsch. Wer sich im Alter materieller Sicherheit erfreuen kann, der liefert nämlich über den Fiskus einiges an die jüngeren Generationen ab. Zudem sind ältere Menschen meist grosszügig, wenn es um die Unterstützung ihrer Kinder und Enkel geht.

Ältere Menschen leben nicht auf Kosten der jüngeren.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der älteren Generation haben sich gegenüber früher erheblich verbessert. Das staatliche Rentensystem hat entscheidend dazu beigetragen. Trotzdem haben zwölf Prozent aller AHV-Rentner/-innen nicht genug zum Leben und sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Diese Zahl ist seit etlichen Jahren stabil. Ältere Frauen und hochaltrige Personen sind davon besonders betroffen. Wer im Alter arm ist, bleibt es für gewöhnlich. Demgegenüber sind besser situierte Senioren eine steuerliche Zapfsäule zur Finanzierung von Staatsaufgaben, die allen Generationen zugutekommen. Denn der Fiskus profitiert mit. Die Senioren-Einkommen tragen erheblich zur Finanzierung der Sozialwerke bei. Vor wenigen Jahren finanzierte der Bund annähernd ein Drittel der Ausgaben der AHV über ein Mehrwertsteuerprozent, durch Teile der Alkoholsteuer, der Tabaksteuer und der Spielbankenabgabe sowie durch allgemeine Bundesmittel.

Der Fiskus bittet zur Kasse
Der Schweizerische Seniorenrat wollte mehr wissen über solche Transfers. Er beauftragte Dr. Walter Rehberg, damals Professor an der FH St. Gallen, Vorurteile und Fakten zur wirtschaftlichen Situation von älteren Menschen zusammenzutragen. Rehberg ging 2009 davon aus, dass die Senioren insgesamt etwa sechs Prozent der Gesamtausgaben der AHV finanzieren. Drei Jahre zuvor stammten etwa 58 Prozent der Einnahmen der IV aus der öffentlichen Hand. Ergänzungsleistungen zur IV und AHV sind gänzlich steuerfinanziert, ebenso wie die Ausgaben für die Sozialhilfe. Schliesslich stammten sieben Prozent der Ausgaben der Arbeitslosenversicherung aus der öffentlichen Hand. Auch hierzu liefern die Senioren ihren steuerlichen Obolus ab.

Begünstigungen
Hinzu kommen die immaterielle Wertschöpfung der älteren Generationen zugunsten von Familie und Gesellschaft sowie erhebliche finanzielle Begünstigungen. «Schätzungen gehen davon aus, dass knapp zehn Prozent der öffentlichen Rentenzahlungen wieder zurück an die Jüngeren fliessen», schreibt Rehberg. «Staatliche Transfers in Form von Rentenzahlungen entlasten Familienbeziehungen. Es ist daher ein Irrtum zu glauben, es bestehe ein Zusammenhang zwischen der materiellen Lage der Jüngeren und der wirtschaftlichen Situation der Älteren.»

Der SSR war bereits vor zehn Jahren besorgt über verbreitete Vorurteile zur Kaufkraft und über die materielle Situation der älteren Bevölkerung. So stellte beispielsweise das Bundesamt für Sozialversicherung die Idee zur Diskussion, die AHV-Rentner/-innen mit einem Solidaritätsbeitrag zugunsten Schwachsituierter im Erwerbsalter zu belasten. Tatsache ist: Die Lücken beim Teuerungsausgleich im Rentensystem führten bereits damals zu einschneidenden Kaufkraftverlusten. Die Studie von Professor Rehberg kam zum richtigen Zeitpunkt. Sie vermittelte der Seniorenbewegung gute Argumente, um sich mit Fakten gegen Vorurteile zu wehren. Dass sich die Alten ein schönes Leben auf Kosten der Jungen machen, ist nur schon bei Berücksichtigung von Steuern und Begünstigungen unzutreffend.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments