fbpx

Lisa und andere Übergänge

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Annemarie Golser

Frau Meier von nebenan ist in heller Aufregung. Jetzt hat man ihr doch tatsächlich mitgeteilt, dass ihr Telefon von analog auf digital umgestellt werde. Digital!

Frau Meier versteht nur Bahnhof. Sie hat sich bisher standhaft geweigert, sich auf das „moderne Zeugs“ wie Computer und Handy einzulassen. Sie ist 85 Jahre alt und nicht mehr so mobil. Deshalb braucht sie das Telefon für den Kontakt mit der Aussenwelt.

Lisa ist keine Nachbarin. Sie war meine erste elektrische Schreibmaschine. Ich gab ihr einen Namen weil ich hoffte, sie würde dadurch auf ihre Eskapaden verzichten und ihr Tempo drosseln. Bei der kleinsten Berührung mit dem Finger auf die Tasten raste sie jeweils davon und brachte mich zur Verzweiflung. Leider musste ich mich ihr anpassen und nicht umgekehrt. Es dauerte eine Weile, bis wir uns anfreundeten. Lange trauerte ich meiner gutmütigen mechanischen „Hermes“ nach.

Einer, der schon anfangs des vorigen Jahrhunderts durch eine spektakuläre Neuerung zu Recht Existenzängste durchgestanden hat, ist der grosse Star des Stummfilms Charles Chaplin. In seinen Lebenserinnerungen schildert er den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm: „Am Anfang hatte man noch keine Ahnung von der Regelung der Lautstärke. Ein Ritter in voller Rüstung machte einen Krach wie die Maschinenhalle eines Stahlwerkes und ein einfaches Mittagessen im Familienkreis hörte sich an, wie ein Riesenspeisesaal zur Zeit des Hochbetriebs. Ich war überzeugt, dass die Tage des Tonfilms gezählt waren.“ Er hatte sich getäuscht. Die Tonqualität wurde verbessert und die Abenddämmerung des Stummfilms begann.

Wir Älteren mussten laufend Übergänge nicht nur im technischen Bereich akzeptieren. Sie alle aufzuzählen würde Seiten füllen. Frau Meier kann übrigens gut mit dem digitalen Telefon umgehen. Da sie jetzt Internet-Anschluss hätte,  überlegt Sie  sogar, ein Tablet zu kaufen. Sie hat ja Enkel in den USA und mit denen könnte sie eventuell noch – wie nennt man das schon – skypen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments
Hubert Lombard
19. Dezember 2017 11:34

Danke Annemarie Golser
Ihr Artikel strömt eine erfreuliche Zuversicht aus, und zeigen die Vorteile auf. Ich wünsche mir Artikel mit solchem Grundtenor, und Verzicht aus reisserisches Swisscom-Bashing, wie es die gestreuten Gratiszeitungen oft tun.
Ich selber bin pensioniert, und bringe mich in Projekte ein, die den Nutzen von neuen Technologien bis hin zu Robotern für unsere Generation aufzeigen wollen.
Ihr Artikel ist ein Bestätigung – danke.