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Jede Altersstufe hat ihre Wehwehchen

Autorin: Annemarie Golser, terzExpertin

Dass mit den Jahren nicht nur besondere Leiden und Schmerzen auftreten, sondern andere auch für immer verschwinden, können wir uns im Rückblick klar machen.

Annemarie Golser

Annemarie Golser

Der Schmerz im Nacken ist lästig. Besonders nachts, wenn ihn die Geschäftigkeit des Tages nicht zu übertönen vermag. Ich erhoffe mir Hilfe im medizinischen Ratgeber und versuche es mit Nackenrolle und Kinnstütze. Ich erkundige mich schliesslich bei guten Bekannten, die über die verschiedensten Krankheiten und ihre Therapien auf dem Laufenden sind. Sie dozieren vergnügt über ihr Lieblingsthema von den Gehirnzellen, die bereits im blühenden Alter absterben und über Kalkablagerungen, die sich wie feiner Kies zwischen noch ganz rüstige Knochen schieben.
Ziemlich zaghaft nach dem Gehörten trage ich mein Leiden vor den Arzt und greife seiner Diagnose vor mit der burschikos gemeinten Bemerkung über „altersbedingte Abnützungserscheinungen“. Während er auf technischem Weg meine Wirbelsäule erkundet, meint der weise Mann: „Bei mir gibt es keine Alters-, nur Lebenserscheinungen“. Mit diesem Wort nimmt er meinem gesundheitlichen Problem das Unabänderliche, das Definitive.
Er macht es zu einem jener kleinen Übel, aus denen wir im Laufe eines Lebens herauswachsen: Dem Seitenstechen vom wilden Herumtollen in Kindertagen, den Magenkrämpfen vom hastigen Herunterschlingen der Mahlzeiten während der Ausbildung, der Nervenentzündung vom Hämmern auf die mechanische Schreibmaschine. Die normalen Beschwerden des Alters lassen sich leichter hinnehmen im Gedenken daran, wie viele, auch seelische Schmerzen, aus den jüngeren Jahren verschwunden sind.

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Ilse Czamek
14. April 2013 0:18

Liebe Frau Golser, so kurz und prägnant möchte ich auch einmal schreiben können… Gratuliere!
Und, was haben Sie wirklich an Behandlung erfahren? Überweisung zum Physiologen, Chiropraktor, Atlaslogen, Vitalogen…? Oder nehmen Sie die Beschwerden wirklich einfach als Alterserscheinung hin? In meinem Umfeld gibt es Frauen, die sind der Meinung, ab 70 würde man nicht mehr behandelt, sondern nur noch verarz(nei)tet und abgewimmelt!!! Zahlen wir denn weniger? Ich habe das Glück, mich wegen einer chronischen Hautkrankheit seit 40 Jahren für die Hintergründe meines Leidens zu interessieren und bin der Überzeugung, dass das „Wehret den Anfängen“ sehr hilfreich ist (auch Krebs kündigt sich mit minimen Zeichen an, nicht nur z.B. der Herzinfarkt). Und dann wälze ich Bücher, heute geht’s ja mit dem Internet viel leichter, bevor ich zum Hausarzt gehe. Dann kann ich auch mit ihm über die möglichen Behandlungen diskutieren – sogar, wenn ich nicht die lateinischen Bezeichnungen von meinen Innereien kenne… Eine alte Ärztin hat mich einmal darauf aufmerksam gemacht, dass sie wegen ihres Patientenguts um die 1000 verschiedene Krankheiten kennen sollte – ich aber nur meine eigene chronische; sie würde begrüssen, wenn ich mir möglichst viel Informationen darüber beschaffen würde! So stelle ich mir einen Hausarzt vor, und ich wünsche den Tag herbei, wo Ärzte nur mit Erfolgshonorar belohnt werden! Das ist dann „Verdienen“ im ursprünglichen Sinn. – Und ich habe unendlich viel gelernt dadurch, vor allem Basiswissen, das meiner Meinung in die Schulen gehören würde, um den Motor Mensch so lange wie möglich gesund und funktionstüchtig zu erhalten. Wir haben alle erlebt, dass die „Grundfächer“ sich wandeln, kaum gibt es noch Eltern, die ihren Kindern bei den Schularbeiten helfen können, weil ‚alles fliest‘. Aber der menschliche Organismus bleibt sich gleich. Jeder Autobesitzer weiss, dass der Karren gewartet werden muss oder man sich zumindest um eine Tankfüllung oder Ölstand kümmern muss, damit er nicht eines Tages stehen bleibt. Die arbeitende Klasse wird heute aber ausgebeutet und merkt es nicht, weil „der Tanz um’s Goldene Kalb“ wichtiger ist als die Lebensqualität und kaum jemand gelernt hat, seinen Körper zu ‚warten‘, und zwar nicht nur äusserlich mit der täglichen Dusche, sondern auch innerlich; schliesslich sind Gehirn und Nervenkostüm die Schaltzentrale jedes Menschen.
Auch ich muss heute darüber lächeln, dass ich mit 18 einen Nervenzusammenbruch erlitten habe, als mich der erste Freund sitzen liess. Die Erwartungen waren durch die Erziehung zielgerichtet auf die Wiederholung des Lebensplans meiner Eltern – dabei wäre ich für etwas ganz anderes ‚geboren‘ gewesen. Das kann ich jetzt nicht mehr nachholen, aber zumindest mich damit trösten, dass ich zumindest ungefähr die Hälfte meines Lebens ein „braves (=folgsames) Mädchen“ war. Dafür komme ich jetzt „überall hin“…
Der Jammer, dass ich *Mr. Right“, wie die Jungen heute den Traummann nennen, nie gefunden habe, wird ausgeglichen durch die Beruhigung, dass ich keinem Nachwuchs die Probleme zumute, die auf kommende Generationen warten. Obwohl… Meiner Mutter habe ich (Jg. 1942) einmal vorgeworfen, wie man während eines so schrecklichen Krieges Kinder in die Welt setzen könne. Gott-sei-Dank hat sie nur gelacht und gemeint, wenn es nach mir ginge, wäre die Menschheit schon ausgestorben! Na und? Die Erde würde sich freuen…
Zurück zu den ‚Lebenserscheinungen‘ – wie alt ist denn dieser Arzt? 50 – dann weiss er, wovon er spricht…
Falls Sie gerne lesen, empfehle ich den Link http://www.infosperber.ch/Artikel/Sexismus/Gegen-Abtreibung-In-Vitro-Befruchtung-Verhutung – ich freu‘ mich schon auf meinen Ausflug nach Berlin!