fbpx

Intergenerativ und nachhaltig in Bewegung sein

Autor: René Künzli, Präsident der terzStiftung

Flexibel, effizient und dynamisch. Das sind so die Schlagworte in der Wirtschaft, und je höher eine oder einer in der Hierarchie ist, umso mehr wird davon gesprochen.

Die Agenden sind prall voll und ein Manager, der etwas auf sich hält, ist auf Wochen ausgebucht. Sie rasen durch die Geschäfte und Traktanden, als befänden sie sich bei einem grossen Preis der Formel 1. Für Softfaktoren wie: Interesse zeigen an der Arbeit seiner Teammitglieder, Anteil nehmen, wenn es einem Mitarbeitenden nicht so gut geht, spüren, wenn das Betriebsklima sich verändert, gezielte Anerkennung für gute Leistungen oder eine aufbauende Kritik aussprechen – bleibt keine Zeit. Das geht, wenn überhaupt, übers E-Mail. Ja, man muss „in Bewegung bleiben“, effizient sein und „cool“ wirken.

René Künzli

René Künzli, Präsident der terzStiftung

Gegenüber seinen Vorgesetzten sieht das natürlich anders aus. Dort hat man immer Zeit, wenn der Ruf kommt. Man ist so beweglich, dass man je nach Meinung des Chefs relativ rasch bereit ist, „his masters voice“ zu seiner Meinung zu machen, obschon man noch vor wenigen Augenblicken eine ganz andere Überzeugung hatte. Man weiss doch letztlich, von welchen Faktoren die eigene Karriere abhängig ist. Die Ehrlichkeit sich selbst und Anderen gegenüber wird in solchen Fällen schon etwas stark strapaziert. Die Devise lautet, sich keine unnötigen Karrierekiller einzuhandeln.

Den Eigennutzen im Visier
Derartiges „In-Bewegung-sein“ orientiert sich in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in vielen Fällen nicht am Gesamtwohl, an der Nachhaltigkeit und Qualität. Sie hat nur den Eigennutzen im Visier, „ich tue das, was mir nützt“.

Ältere Menschen sind auch in Bewegung, doch in einem etwas anderen Zeittakt, sie nehmen sich Zeit, den Dingen auf den Grund zu gehen. Gepaart mit ihrer Erfahrung, Fach- und Sozialkompetenz eignen sie sich ausgezeichnet als Controller für eine gelebte Qualitäts- und Wertekultur in Wirtschaft und Politik. Sie müssen sich nicht mehr profilieren, sich nach oben dienen. Sie haben meist eine grössere geistige und finanzielle Unabhängigkeit im Vergleich zu ihren jüngeren Teammitgliedern, die existentiell auf den beruflichen Erwerb angewiesen sind. Die Spielchen, das Ringen um die Gunst der Oberen, haben sie längst hinter sich. Sie haben die nötige Distanz und Gelassenheit, ihre Meinung zu vertreten.

Generationen verbinden
Warum gibt es diese älteren Controller noch nicht? Sie wären besonders geeignet bei Konflikt-, Führungs- und Förderungsgesprächen oder bei langfristigen Projekten. Das wäre doch eine Chance für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wenn erfahrene Menschen dort eingesetzt würden, wo es um Kultur, Werte, Qualität und Generationenverbindendes geht, wo es eben die Zeit braucht, die heute fehlt. Vieles wäre in der Vergangenheit vermeidbar gewesen, hätten wir eine ausgewogene intergenerative Mischung im Kader behalten. Es braucht eben beides, die jungen Stürmer und die reifen, erfahrenen Facharbeiter/innen und Strateg/inn/en. Wir stünden nicht seit Jahren vor so grossen wirtschaftlichen Problemen und dem immensen Vertrauensverlust, hätte man das beachtet. Wir benötigen alle Generationen, um gemeinsam auf nachhaltige gute Ziele hin in Bewegung zu sein.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments
Ilse Czamek
19. März 2013 5:30

Hallo, lieber terzPräsi! Hoffentlich haben Sie diesen Super-Artikel nicht nur unserem illustren Kreis zur Verfügung gestellt. Gern würde ich ihn in allen Tageszeitungen als Leserbrief oder Glosse lesen – und wäre natürlich auf das Echo gespannt. – Doch zwei Wünsche hätte ich an und für Sie: Uns sollten eigentlich keine Pauschalverurteilungen mehr passieren, und Verallgemeinerungen bringen auch niemand weiter. Ich weiss, es ist die gängige Sprache, und vielleicht würde es etliche Leser irritieren, wenn konkrete Managergruppen angesprochen würden oder der Artikel in der ‚Ich‘-Form geschrieben wäre. Ich kämpfe seit Jahren – aufgrund eines Seminars – dafür, dass man(n)/frau sich mehr bewusst wird, wie die Sprache verwendet wird, und natürlich erst recht in der geschriebenen Form, weil niemand weiss, wievielfach das verbreitet wird, im Internet-Zeitalter erst recht. Nüüt für unguet, und viele Grüsse vom Walensee an den Bodensee.