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Die zweite Chance: Warum wir (nicht alles) verzeihen sollten

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

© Linda Rosa Saal

Es gibt Bücher und Filme darüber, also bewegt das Thema die Gemüter. Auf der einen Seite geht es um Versöhnlichkeit und Vergebung, auf der andern um Einsicht. Wer nach einem Fehlverhalten eine zweite Chance bekommt, müsste sein Tun überdenken und im besten Falle bereuen. Für die Philosophie-Professorin Susanne Boshammer ist «verzeihen können» ein Heilmittel für die Seele. Andererseits wagt sie ein heftiges Wort: „Doch ist es wirklich immer richtig zu vergeben? Welche Gründe sprechen dafür, welche dagegen, jemandem eine zweite Chance zu geben? Haben wir nicht sogar die Pflicht, hart zu bleiben – um uns selbst zu schützen, für Gerechtigkeit zu sorgen oder unsere Selbstachtung zu wahren…“.

Der Buchhalter der Gemeinde X hat jahrelang zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet. Ein privater Schicksalsschlag warf ihn aus der Bahn, was sich auch beruflich auswirkte. Der Fehler war nicht gravierend, über eine Kündigung wurde trotzdem diskutiert. Im Hinblick auf seine treuen Dienste in der Vergangenheit durfte er in seinem Amt bleiben. Er war dankbar und er gab nie mehr Anlass zu einer Beanstandung.

Nachbar Werner ist an Demenz erkrankt. Seit seiner Scheidung lebt er allein. Jetzt hat seine geschiedene Ehefrau von seiner Krankheit erfahren. Sie ist zurückgekehrt und bereit, seine Betreuung zu übernehmen. Für Werner ist es ganz selbstverständlich, dass da plötzlich wieder ein vertrautes Wesen um ihn ist. In seiner Welt realisiert er seinen Anteil am Scheitern der Ehe natürlich nicht mehr.

 

Übrigens kennt auch die Natur die zweite Chance. Nach dem grossen Frost lag die Christrose darnieder. Ich habe sie nicht sofort entsorgt. Jetzt steht sie plötzlich wieder in voller Blüte.

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