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Die Tugenden des Alters

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Den Seufzer der betagten Mutter hat man noch im Ohr:“Es wird alles so mühsam“.

Selbst noch im Besitz aller Kräfte denkt man, dass es vielleicht nicht so schlimm sein wird. Plötzlich aber ist der eigene Jahrgang nicht mehr nur eine Zahl auf dem Papier und man gehört zu den Ü80-ern. Mit etwas Glück sind die Zipperlein noch erträglich.

Zu denken gibt aber das Verhalten der Gesellschaft, die von dieser Altersgruppe vor allem Tugenden verlangt: Gelassenheit, Würde, Geduld, Demut, Dankbarkeit, Nachsicht, Verständnis, Sanftmut. Was ist aber, wenn noch viel Ablehnung und Rebellion gegen diesen Perfektionismus vorhanden ist? Wenn die alternde Diva im Minirock ein bisschen Jugend zurückholen will? Schon kommt Häme und Spott auf, der sich eigenartigerweise meist an die Weiblichkeit richtet. Den späten Playboy im hautengen Radlerdress nimmt man in Kauf. Warum nicht auch einmal zugeben dürfen, dass die ewig schreienden Kinder ums Haus herum nerven und der Besuch, der sich chronisch um eine halbe Stunde verspätet, zu viel Geduld erwartet.

Ein wenig Frechheit, Zivilcourage sei uns gestattet. Lasst uns ein bisschen aufmüpfig sein. Das gibt das Gefühl, am Leben teilzunehmen. An den Tugenden üben wir noch.

Nur Sanftmütigkeit liegt wohl kaum drin.

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