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Die aarReha in Bad Schinznach eröffnet eine Abteilung für geriatrische Rehabilitation

Autor: Peter Belart, Redaktionsleiter General-Anzeiger

„Selbständigkeitskiller entdecken …“ – und bekämpfen: So könnte man den kernigen Satz von Thomas Roy, Facharzt für Geriatrie, ergänzen. Genau in diese Richtung gehen die Anstrengungen der neuen Abteilung.

Sorgsamer Umgang mit den Patienten als Selbstverständlichkeit

Sorgsamer Umgang mit den Patienten als Selbstverständlichkeit

Die Fachklinik aarReha ist das erste Institut im Aargau und im Moment noch eines der ganz wenigen in der Schweiz, das in Sachen Geriatrie die Zeichen der Zeit erkannt und in aller Konsequenz umgesetzt hat. Zwar sind die Handwerker im dritten Stock, wo die geriatrische Rehabilitation angesiedelt wird, noch immer an der Arbeit, aber die ersten fünf Patienten sind bereits eingezogen. Insgesamt stehen nach Bauabschluss 24 Betten zur Verfügung.

Selbständig bleiben
Zunächst steht die Frage im Raum, mit welchem Ansatz betagte Patienten behandelt werden sollen: Empfiehlt sich die Konzentration auf einzelne geschwächte oder geschädigte Organe, oder soll eine ganzheitliche Behandlung bevorzugt werden, die nebst körperlichen auch psychische und soziale Komponenten umfasst und zugleich das Umfeld des Patienten mit einbezieht? So tendenziös die Fragestellung erscheinen mag, so schwierig ist es, im Einzelfall die richtige Antwort zu finden. Diese hängt zunächst vom Patienten und der Charakteristik seiner Schwächung ab, doch auch die lokalen Möglichkeiten und die Überzeugungen der behandelnden Ärzte spielen eine wichtige Rolle.
All dies spielt sich vor dem Hintergrund einer zunehmend höheren Lebenserwartung und damit einer fortschreitenden „Überalterung“ der Schweiz ab: Immer mehr Menschen erreichen ein sehr hohes Alter, auf der andern Seite bleibt die körperliche und geistige Mobilität auch länger erhalten. Und genau dieses Plus soll weiter gestärkt werden. Als hauptsächliche Gründe für die entsprechenden Bemühungen sind einerseits das Bestreben der betroffenen Personen nach möglichst langer Erhaltung der Autonomie zu sehen. Andererseits stehen handfeste finanzielle Überlegungen dahinter. Zwar beansprucht die geriatrische Rehabilitation einen beträchtlichen Aufwand an pflegendem und therapeutisch wirkendem Personal, und somit ist sie ein kostspieliger Behandlungsansatz. Aber wenn dadurch der Eintritt in ein Pflegeheim markant hinausgezögert werden kann, fallen unter dem Strich wesentlich tiefere Kosten für die Patienten und ihre Familie sowie für die öffentliche Hand oder allenfalls die Krankenkassen an. Und eben: Die Lebensqualität der betagten Menschen erhält einen ganz anderen Stellenwert, wenn es gelingt, ihnen ihre Selbständigkeit bewahren zu helfen, respektive zurückzugeben.

Der Patient muss „wollen“
Um für eine geriatrische Rehabilitation gute Prognosen stellen zu können, sind seitens des Patienten sowohl medizinische als auch psychologische Voraussetzungen unabdingbar: Sein körperlicher Zustand muss Aussicht auf Stabilisierung oder sogar Besserung versprechen. Und der Patient muss „wollen“ und den ganzen Rehabilitationsprozess aktiv mitgestalten. Thomas Roy, der leitende Facharzt für Geriatrie, bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Es muss unser Bestreben sein, versteckte Selbständigkeitskiller zu entdecken.“ Wenn also beides zutrifft, die medizinische und die psychische Indikation erfolgversprechend ist, wird der Zustand des Patienten sehr sorgfältig und umfassend festgestellt. Naturgemäss liegt dabei das Augenmerk zunächst auf medizinischen und psychischen Eigenheiten, doch auch wirtschaftliche, soziale und organisatorische Aspekte gilt es zu berücksichtigen wie etwa die Verfügbarkeit von Familienmitgliedern und anderen Bezugspersonen oder die Bauweise der Wohnung, in die der Patient zurückkehren soll. Das Pflege- und Therapieteam formuliert gemeinsam mit den Ärzten realistische Ziele, die ihrerseits in Teilschritte gegliedert werden. In engen zeitlichen Abständen wird überprüft, ob diese Ziele angepasst werden müssen und wie klar Fortschritte erkennbar werden. Die betroffenen Personen erhalten also eine umfassende Betreuung, die bis in die Ernährungsberatung und in die Vermittlung von Tipps und Tricks für den Alltag reicht. Sämtliche Abläufe werden nicht nur vermittelt und vorgezeigt, sondern systematisch eingeübt und wiederholt, und auch die Angehörigen werden regelmässig in den ganzen Prozess mit einbezogen.
Zu den therapeutischen Anstrengungen kommen ferner Rahmenbedingungen, die entlastende Wirkung haben. Dazu gehören Niederflurbetten besonders für sturzgefährdete Patienten, ein Weglaufsperren-System für Patienten, die an Vergesslichkeit leiden, der Speiseraum auf der Abteilung, der die unterstützte Nahrungsaufnahme in einem geschützten Rahmen erleichtert sowie ein angepasstes Mobiliar und Hilfsmittel, die ohne grossen Aufwand eine praxisnahe Therapie ermöglichen.
Zweifellos ist der Ansatz der aarRehaKlinik zukunftsträchtig und vielversprechend. Roy sagt: „Ungefähr zwei Drittel der Patientinnen und Patienten können nach der Rehabilitation wieder nach Hause und ein selbstbestimmtes Leben führen.“ Und wer wünschte sich nicht genau dies, auch im hohen Alter!

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