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Das Ziel im Visier

Autor: Emil Steinberger | Foto: zVg

Wer sich ein Ziel steckt – sei es beim Radfahren oder beim Umsetzen kreativer Ideen -, der muss versuchen, Ablenkungen (auch durch neue Ideen) zu vermeiden, sonst erreicht er nicht, was er sich vorgenommen hat.

Emil Steinberger

Es ist schon faszinierend schön, am Fernsehen mitzuverfolgen, wie Radrennfahrer bei einem Rennen durch schönste Landschaften pedalen. Oft spürt man gar nicht, dass es sich um ein Rennen handelt. Wie wenn’s nichts wäre, treten sie auf steilen Serpentinen in die Pedale und kämpfen sich Meter um Meter empor. Und schon bald darauf folgt die Belohnung, eine rasante Talfahrt, begleitet vom grossen Vertrauen in die zuverlässig funktionierenden Bremsklötze an den Felgen.
Es macht mich richtig neidisch, wenn ich sehe, wie sie die ganze Strassenbreite ausnützen und in Kurven und auf Kreuzungen die ganze Strasse für sich beanspruchen dürfen, ohne je Gefahr zu laufen, dass ihnen plötzlich ein Lastwagen entgegenkommt oder ein Fussgänger auf einem Zebrastreifen auf sein Recht pocht.
Das Ziel für den Rennfahrer ist klar. Keine Zerstreuung unterwegs, keine Ablenkungen. Es gibt nur eines, mit Volldampf als Erster das Ziel erreichen, ausgerüstet mit einem enormen Willen und eben solcher Muskelkraft.

Eine klare Route abstecken
Wie schwer haben wir es dagegen, die nicht so in die Pedale treten können, aber auch unsere gesteckten Ziele erreichen wollen! Wenn Sie wüssten, was meiner Frau und mir noch alles an Ideen im Kopf herumschwirrt! Immer wieder von Neuem versuchen wir, mit einer konkreten Planung eine klare Route abzustecken, um dann konzentriert arbeiten zu können. Das herrliche Wetter blenden wir aus, auf allen Einladungen zu Premièren und Welturaufführungen kreuzen wir wie im Schlaf das Kästchen „leider verhindert“ an. Und trotzdem kommt uns immer wieder etwas dazwischen. Die Route ist nie frei, um einfach mal e i n Ziel zu verfolgen, um der Realisation der Idee näher zu kommen.
Nein, wir brauchen keine Samariter, die uns hinter der Ziellinie total erschöpft in die Arme schliessen. Wir sehnen uns nicht nach Ehrendamen, die uns Blumensträusse und gefühllose Sieges-Küsse verabreichen. Wir wollen nur eines: etwas als erledigt abhaken können.

Neue Ideen, neue Inspirationen
Unter uns gesagt, wissen Sie, wer der schlimmste Feind gegen das konzentrierte, geradlinige Verfolgen eines Zieles ist? Neue Ideen! Die tauchen immer in den heissesten Momenten auf. Immer dann, wenn Hürden genommen werden müssen oder wenn es mit der Weiterentwicklung einer Idee harzt. Wie verführerisch sind in solchen Momenten neue Inspirationen, von denen man sich noch so gern vom anvisierten Weg abbringen lässt, um diese dann weiter zu verfolgen. Uh, da muss man immer wieder Kämpfe mit sich selber ausfechten! Immer wieder Prioritäten setzen.
Ja, bei Arbeits-Endphasen gibt es halt nicht, wie beim Radrennen, Absperrgitter und Dorfpolizisten, die einem den direkten Weg ins Ziel weisen. Den musst du schön selber finden.

Doping zum Vollenden seiner Ideen
Aber einen Vorteil gegenüber den Radrennfahrern gibt es dennoch. Du kannst, um deinen Durst zu stillen, deinen Kühlschrank nach eigenem Gutdünken öffnen. Der Radrennfahrer muss warten, bis er die nächste Verpflegungsstation erreicht.
Ob man vielleicht zum Vollenden seiner Ideen auch einmal über Doping nachdenken sollte? Was für ein Mittel müsste das sein? Für mich ist es das Zeitunglesen, Besuchen von Theatern, Kinos und Kunstausstellungen. Aber eben, sobald dieses Doping bei mir wirkt, spriessen sofort wieder neue Ideen …

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1 Kommentar
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Ilse Czamek
10. Juli 2013 4:02

Wenn ich ‚den Emil‘ und seinen Lebensweg nicht so bewundern würde, könnte ich ihm jetzt widersprechen. Denn meine Erfahrung sagt mir einerseits ‚wenn’s harzt, bist Du vielleicht auf dem Holzweg‘, andererseits entwickelt doch jedes Projekt während der Realisierung eine Eigendynamik und die neuen Ideen können oft beim Verständnis oder zur Erweiterung der Pläne helfen. Das klingt nach Industrie, die uns ja das Zeitkorsett aufgezwungen hat. Darum bin ich froh, dass menschliches Dasein flexibler ist, aber die Prinzipien sind ähnlich.