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Das Recht hat nicht immer Recht

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Anwaltskanzlei Hans Huber und Sohn. Die geplante neue Fassung des Firmenlogos sollte eine Überraschung für den Junior sein. Stattdessen eröffnete der Sohn dem Vater, dass er das Jura-Studium abbrechen möchte. Als Anwalt müsste er in jedem Fall die Interessen seiner Klienten vertreten. Die sicher schwierige Situation der Gegenpartei dürfte ihn nicht berühren. Er könne sich nicht vorstellen, lebenslänglich Gesetzen und Paragraphen verpflichtet zu sein. Auch würde es ihm schwerfallen, einen schuldigen Straftäter verteidigen zu müssen. Im Praktikum habe er Entscheide erlebt, die seinem Gerechtigkeitssinn widerstrebten. Da waren etwa die Klassiker: Bei Scheidungen die Väter, die um das Besuchsrecht ihrer Kinder kämpfen mussten. Ungerechtigkeit vor allem auch im Erbrecht. Streitereien zwischen den gesetzlichen Erben. Sie hatten sich zum Teil nie um den alten Vater und Grossvater gekümmert, meldeten sich nach seinem Tod aber sofort.

Menschliche Dramen sind dem Gesetz egal. Hans Huber senior wird seinem abtrünnigen Sprössling entgegenhalten, dass der Beruf des Anwalts durchaus Sinn mache. Ohne Gesetze würde das menschliche Zusammenleben chaotisch. Doch der Junior bleibt bei seinem Entschluss. Er wünscht sich eine Tätigkeit, bei der es nicht in erster Linie um Finanzen und Macht geht, sondern um den Menschen mit all seinen Nöten und Ängsten.

Wie der Zufall so spielt, lese ich in diesen Tagen im Interview mit einem Bewährungshelfer, dass er oft Mühe habe mit der Gesetzgebung. „Es gibt Dinge, die kann auch ich nicht erklären. Etwa, dass einer eine hohe Strafe bekommt wegen Drogenhandels. Doch ein Sexualstraftäter muss je nach Fall nicht einmal ins Gefängnis.“

Der Junior mit dem abgebrochenen Studium absolviert jetzt eine Ausbildung als Fachmann Gesundheit.

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