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Das meditative Spiel mit den Maschen

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Bildquelle: terzStiftung

Unsere Autorin Annemarie Golser, Mitglied der Redaktion des terzMagazins, macht sich Gedanken über das Vergnügen, mit farbiger Wolle umzugehen. Die Kampagne der terzStiftung «Frauen bringen Kinder zum Leuchten» verbindet dieses Vergnügen mit dem intergenerativen Nutzen: Kleine Kinder erhalten Stirnbänder, die einen Licht reflektierenden Garnfaden enthalten, sodass sie bei Dunkelheit im Strassenverkehr besser zu sehen sind und damit viel sicherer.

Nadel, Faden, Fingerhut sind das höchste Frauengut“. Dieser Spruch hing gerahmt im Schulzimmer. Beherzigt von dieser heute erheiternden Weisheit, gab sich das gute Fräulein Trapp grosse Mühe, mich fürs Handarbeiten zu begeistern. Das verhinderten aber der schreckliche Musterstrumpf, die schwitzenden Hände und nicht rutschenden Maschen auf der Nadel. Dafür hatte ich immer einen flotten Spruch auf Lager. Zu ihrem Entsetzen versicherte ich der Lehrerin, ich würde niemals einen Mann heiraten, bei dem ich Socken flicken müsste.

Ganz ohne Widerhall blieben die schulmeisterlichen Bemühungen nicht. Näh- und Strickzeug gehörten Jahre später zum neuen Hausstand und ich wagte es sogar, für die Kinder auch Anspruchsvolles wie Pullis und Jacken zu stricken. Glücklicherweise kann ich das heute mit Fotos dokumentieren. Es folgte eine Phase ohne Handgestricktes. Für die Enkelkinder war Pflegeleichtes gefragt. Versucht habe ichs mit einem «Schlüttli». Das nicht vollendete Werk in der damals gewagten Farbe Rosa habe ich fürs Strickmuseum aufbewahrt.

Nun bin ich in den Jahren angekommen, in denen es gilt, die Zeit noch möglichst sinnvoll und angenehm zu nutzen und die Einsamkeit zu überbrücken. Ich lasse mich von den neuen verschiedenfarbigen Wollknäueln verführen. Welch eine glanzvolle Erfindung. Wie kompliziert war doch früher der Farbwechsel. Ich entdecke, wie sehr das Spiel mit den Maschen meditativ und beruhigend sein kann. Das Endprodukt ist gar nicht so wichtig. Es reicht auch für eine „Plätzlidecke“.

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