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Bitte recht freundlich

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Diese Aufforderung des Profifotografen fand bei unseren Vorfahren kein Gehör. Auf den Aufnahmen im Familienkreis oder im Klassenverband blicken sie ernst, fast erschrocken über das Ungetüm, das da vor ihnen aufgebaut wurde.

Es kam die Zeit der Dias. Die Einladungen von Onkel Max zur Dia-Schau waren für uns Heranwachsende ein Albtraum. Jede Menge Sonnenuntergänge, Tante Marie im züchtigen Einteiler beim Sonnenbaden, Onkel Max verwegen bewaffnet beim Grill. Dann natürlich der Nachwuchs in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen. Der heute fünfzigjährige Kusin Rolf ist gar nicht glücklich darüber, dass ihn seine Eltern immer wieder voller Stolz als dreimonatigen Nackedei präsentieren.

Wir wussten, dass der Spektakel Stunden dauern würde und es wurden von uns Zuschauern Beifallsbezeugungen erwartet. Eine Ära löst die andere ab, geblieben ist die Freude am Knipsen und der Wunsch, die Aufnahmen einem Publikum vorzuführen. Handy sei Dank ist auch Knipsen nicht mehr nötig, berühren reicht.

Wie war das doch bei der letzten Hausräumung in der Verwandtschaft? Trotz interessanter Sujets von fremden Ländern hatte niemand von den Jüngeren Interesse an den sorgfältig geführten und liebevoll gestalteten Fotoalben. Natürlich darf man beim Thema Fotoboom das heute so beliebte Selfie nicht vergessen. Diese Errungenschaft soll gar nicht so neu sein, handelt es sich doch bloss um eine Weiterentwicklung des aus der Malerei bekannten Selbstportraits.

Es braucht schon eine gehörige Portion an Eigenliebe, um sich immer wieder abzulichten.

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