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Aufrecht übers Wasser – bis ins hohe Alter

Gerade im Sommer sind sie nicht mehr zu übersehen – auf Flüssen, auf Seen, einzeln und in Gruppen: die Stand-Up Paddler (SUP) – Jung und Alt. SUP ist eine Wassersportart, bei der man aufrecht auf einer Art Surfbrett steht und sich mit einem Paddel fortbewegt. Diese Form des in Mode gekommenen Trends begeistert immer mehr Anhänger und stellt seit Jahren global die am stärksten wachsende Wassersportart dar. Und die Schweiz mit ihren überdurchschnittlich vielen Flüssen und Seen ist ganz vorne mit dabei. Die Gründe dafür sind offensichtlich:

Stand Up Paddling macht Spass, ist leicht zu erlernen, fördert die Koordination und Balance-Fähigkeit, spricht nahezu alle Muskeln im ganzen Körper an. Besonders die Tiefenmuskulatur wird gestärkt, was eine erhöhte Körper-Spannung erzeugt– die stützende Haltungsmuskulatur ist im Alltag insgesamt besser aktiviert.

Durch die sich bewegende und laufend verändernde Unterlage wird der Gleichgewichtssinn trainiert und bringt uns so wieder in die Balance. Die Konzentration und Bewegungskoordination werden gefördert. Die Wahrnehmung, sich auf dem Wasser stehend zu bewegen, schafft eine neue Perspektive und bringt den Geist aus eingefahrenen Gedankenmustern – neue neuronale Verbindungen werden geschaffen. So kann erfrischend spielerisch Neues entstehen.

Einer der grössten Vorteile ist: SUP ist vom sanften Vorwärtsgleiten bis hin zur sportlichen Höchstleistung beliebig variierbar – je nachdem was jeweils gerade dran ist und wohltut. Schön ist auch, dass man es allein oder auch als Gruppe erleben kann – sich an einem verabredeten Ort treffend und dann gemeinsam weiter über die horizontal blaue Weite gleitend.

SUP ist auf Seen und Flüssen und dank guter Ausrüstung praktisch zu jeder Jahreszeit erlebbar. Man ist an der frischen Luft und in direkter Verbindung mit dem Wasser – dem Element, das so wesentlich ist für den blauen Planeten, auf dem wir leben. Immerhin rund 70 bis 75 Prozent der Erde wird von Wasser bedeckt, und zu ebensoviel Prozent besteht der menschliche Körper aus Wasser. Eine wohltuende Wirkung fängt für viele schon damit an, einfach nur übers Wasser in die Weite zu sehen – stehend sich auf dem Wasser zu bewegen, ist mit einer noch intensiveren Wahrnehmung verbunden.

Persönliche Tipps von unserem terzExperten
Bevor Sie nun den Vorsatz fassen, wild entschlossen aufs Brett zu steigen, um los zu paddeln, möchte ich unbedingt anregen, dass einige Aufwärm-, Dehn- und Atemübungen durchaus von Vorteil sind, um sich genüsslicher auf dem Brett zu bewegen.

Wer über 50 ist und die letzten Jahrzehnte nicht im Sauerstoffzelt zugebracht hat, wird natürlicherweise die ein oder andere Körper- und Krankengeschichte mit sich bringen: Etwa Knie- Hüftoperationen, ein paar Kilos zu viel (oder an den „falschen“ Stellen), mangelnde Körperspannung, Koordination, Gleichgewichtssinn und dergleichen mehr.

All dies sind KEINE Gründe, nicht mit SUP zu beginnen (eher das Gegenteil ist der Fall), aber es sind Faktoren, die „gewürdigt“ und berücksichtigt werden sollten. Meine Daumenregel ist: Wer stehend S- oder U- Bahn fahren kann (halten ist erlaubt, aber nicht erwünscht) – der kann auch Stand Up-Paddeln (SUPen). Denn es gilt, sich auf einer unkontrolliert bewegenden Oberfläche in Balance zu halten. So gesehen können Sie jede Bahnfahrt als SUP- und Balance-Training ansehen und nutzen.

Bevor es dann konkret aufs Brett geht, sollte man ein Gespräch mit einem Sportarzt, Physio- oder SUP-Instruktor in Erwägung ziehen, um das „wie“ und die Besonderheiten ihrer individuellen Situation abzuklären – unnötige Risiken und Fehler so vermeidend.

Bei vielen Älteren sitzt die Blockade aber nicht im Körper, sondern irgendwo zwischen den Ohren – in Form von destruktiven Gedanken wie «ich werde doch nicht im Alter eine neue Sportart anfangen» oder man lässt sich von den Werbebildern durchtrainierter SUP-Sportler auf dem Brett abschrecken – und hat den Eindruck „da gehöre ich nicht dazu“, „das ist nichts für mich“, „das ist eine andere Liga“ und dergleichen. Das muss nicht sein. Es gibt zahlreiche Beispiele von Senioren, die SUP ausprobiert haben und es nun mit grosser Begeisterung betreiben – oft als ihre Haupt-Sportart.

Klug ist es, SUP im Umfeld von Gleichgesinnten, in kleinen Gruppen, am besten zusammen mit Freunden zu erlernen. Für die reiferen Semester stellen sich nämlich auch Herausforderungen: „Wie komme ich wieder möglichst elegant und stressfrei auf das blöde Brett `rauf?“ Alles machbar, aber je nach Fitness-Level ist das anfangs schon eine rechte Leistung, und die sollte vorab durchgespielt und eingeübt werden.

SUP ist etwas Neues – und vielleicht können sie dies nutzen um gemeinsam als Paar oder zusammen mit Freunden etwas Neues anzufangen oder zumindest auszuprobieren. Es gibt mittlerweile etliche, qualifizierte SUP-Instruktoren, die auf ihre spezifische Situation eingehen und ihnen in wenigen Stunden einen spielerischen Einstieg in diese faszinierende Sportart ermöglichen können.

Kurz ein Wort zur Ausrüstung: Die ist zunächst sehr einfach. Ein Board – also ein Brett, ein Paddle – das Wasser und Du. Das ist alles. Dann zur Sicherheit noch eine Leine (Leash), als Verbindung zwischen Brett und Bein und eine Schwimmweste dazu. Fertig.

Die Boards wiederum gibt es in verschiedenen Grössen, Längen, Breiten und unterschiedlichen Schnitten (Shapes), Materialien und Gewichten.

Mein Tipp: Legen Sie sich am Anfang nicht zu schnell auf ein bestimmtes Brett fest. Das Ausprobieren von unterschiedlichen Brettern ist empfehlenswert. Der SUP-Sport ist noch in den „Kinderschuhen“ und ich denke, da wird auch für Senioren noch einiges an spezifischen Entwicklungen kommen. Und das sicherlich schon weit im Vorfeld, bevor das SUP olympia-reif wird – das wird für Paris 2024 oder Los Angeles 2028 erwartet – beides prädestinierte Standorte für SUP.

Ein Faktor, den engagierte Einsteiger immer wieder übersehen bzw. unterschätzen, ist, auf ein passendes Paddle zu achten. Mit „passend“ ist nicht nur die Länge gemeint (diese sollte ausser für Rennpaddler, verstellbar sein), sondern bezieht sich auf das Material und besonders auf die Paddelgrösse – also das Volumen.

Ich empfehle ein hochwertiges Fiberglas (leicht und steif) bzw. ein Carbon Paddel mit einem nicht zu grossen Blatt (sodass leicht eine fliessende Bewegung möglich ist). Dieses schont Arme, Schultern und auch das Ellbogengelenk. Vielleicht ist man damit die ersten Meter nicht ganz so schnell unterwegs wie mit einer grossen Schaufel, dafür aber umso länger und entspannter. Am nächsten Morgen schafft man es wieder ohne Schmerzen in den Gelenken aus dem Bett.

Es gilt auf dasjenige zu achten, was stimmig ist, was wohltut und zu einem passt – beim SUPen geht es nicht allein um das Physische, was die Ausrüstung angeht, sondern auch um das Mentale und Geistige. Gerade wenn man den Hochsommer im Leben schon hinter sich hat, ist es umso heilsamer, innezuhalten und sich seiner eigentlichen Absichten zu erinnern: Weshalb mache ich das Ganze eigentlich? Will ich die alten Muster mit einer neuen Szenerie bespielen oder will ich etwas Neues in mein Leben bringen, etwas Neues erleben, spielerisch ausprobieren. Und sie wissen ja: Man ist nie zu alt für eine glückliche Kindheit.

Früher war es mir beispielsweise (im Sport und im Beruf) wichtig zu gewinnen oder zumindest, mich zu verbessern. Nun liegt der Focus darauf, dabei zu sein, fit zu bleiben, zu trainieren, bis die Technik, Atmung und Bewegung fliessend und effizient ist. Eine lebendige Verbindung mit und in der Natur zu erfahren. Früher war es der Wettkampf gegen andere, heute ist es das „die Natur erleben“ und ein spielerischer Wettkampf gegen die „Gegenspieler“ („Herausforderer“) Alter, Krankheit (in meinem Fall der Krebs) und Tod. Und dieses Spiel nehme ich sportlich, denn jeder Tag auf dem See ist ein guter, ein gewonnener Tag.

Das was zählt, ist die Qualität, und die wird erfasst im Dasein, im bewussten Erleben eines jeden Moments – sie errechnet sich nicht primär aus der Anzahl der Jahre allein. SUP bietet hierzu eine hervorragende Plattform. Probieren Sie es aus. Was haben wir denn zu verlieren?

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10 Kommentare
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Carlos Kunz
21. November 2019 23:13

War als Schüler in Südafrika ein passionierter Surfer ????‍♀️ in den Ferien am Meer …. vor 50+ Jahren!
Meine Frau macht auch gerne mit.

>> Haben die Umfrage beantwortet.

Wir sind gespannt auf den Ausgang!!

Rainer Schaetzle
3. Dezember 2019 17:51
Reply to  Carlos Kunz

Hoi Carlos,

wenn du Surfer warst, wirst Du / werdet ihr sehr schnell eine Menge Spass auf dem SUP haben; grosser Vorteil:
bei SUP auf dem See kannst Du die Intensität selbst bestimmen, von entspannt bis sportlich, streng.
Und: man muss nicht auf die Wellen warten.

Freue mich sehr wenn es klappt und Euch kennenzulernen.
Aloha Rainer

Rainer Schaetzle
18. November 2019 18:40

Hoi Werner,
Respekt – mit 84 wirst Du wahrscheinlich nicht der jüngste im Kurs sein, aber möglich ist das allemal.
Eine Daumenregel lautet: wer stehend in der Tram oder dem Bus (sich halten ist erlaubt) fahren kann, der kann auch SUPen. Und wenn Du schwimmen kannst umso besser, dann hast Du ein Gefühl für s Wasser. Das verlernt man nicht und ist sehr hilfreich. Wenn es Dir möglich ist, vielleicht die ersten Stunden Privat-Unterricht nehmen, einfach das Du reinkommst und für Dich ausprobieren kannst, wie Du das eine oder andere gut hinbekommst. Wenn Du magst, kann ich gern schauen, wo ein guter Instruktor in deiner Nähe ist, der nicht gerade zum ersten mal mit Senioren trainiert.
Würde mich freuen, zu hören wie es kommt.
Aloha Rainer

Annemarie Giger
18. November 2019 9:30

Annemarie Giger

Das hätte ich schon lange einmal gerne ausprobiert! Bitte merken Sie mich vor!

Schoch Werner
17. November 2019 15:31

Guten Abend
Bis zu welchem Alter findet das Anlernen von Standing statt. Im Frühjahr werde ich 84 Jahre alt. Ist es auch so noch möglich den Sport zu betreiben.
(Schwimmen kann ich, habe vor vielen Jahren das Rettungsbrevet erworben). Danke für Ihre Mitteilung.
Werner Schoch

Heidi Müller-Lenzi
17. November 2019 14:46

Habe letzten Sommer SUP bereits ausprobiert, bin eine gute Schwimmerin und bewege mich gerne im Wasser. Hatte jedoch nach dem Herunterfallen zuwenig Kraft wieder aufzusteigen.

Heidi Müller-Lenzi
17. November 2019 14:43

Habe SUP bereits ausprobiert, hatte aber nach dem Herunterfallen (keine Problem, gute Schwimmerin) zu wenig Kraft wieder aufzusteigen!

Rainer Schaetzle
18. November 2019 18:27

Liebe Heidi,
das ist wieder auf´s Brett kommen ist für Viele anfangs eine rechte Herausforderung. Es gibt zwei Methoden und man muss „einfach“ ausprobieren welche einem am besten liegt. Die übliche Methode ist, sich seitlich vom Brett (etwa auf Höhe des Tragegriffs) ruckartig hochzuziehen. Das ist ein wenig die Bewegung, wie wenn man sich bei einem Pferd in den Sattel schwingt. Wichtig ist die impulsive Bewegung. Eine Schwimmweste macht das seitliche hochziehen allerdings schwerer. Da Du eine gute Schwimmerin bist, sollte es kein Problem sein, für das Üben, die Schwimmweste mal wegzulassen.
Die andere Methode ist sich von hinten auf s Brett „hoch zu robben“. Du hälst Dich an den Seiten vom Brett und robbst dich Stück für Stück hoch. Anfangs seht das Brett steil im Wasser, das ist völlig ok – nur wenn Wind ist, aufpassen, dass Du den Wind seitlich oder im Rücken hast.
Tip: Die Robben-Technik braucht weniger Kraft und funktioniert eigentlich immer; daher würde ich damit mal anfangen. Der nächste Sommer kommt bestimmt.
Aloha Rainer