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Ansichten aus der terz-Generation: „Wie haben wir das nur überlebt?“

Autoren: Rose und Alfred Steiner, Mitglieder der Gönnergemeinschaft

Auch im Konsumentenschutz vertritt die terzStiftung die Interessen ihrer Mitglieder und bezieht sie aktiv ein. Die Gönner Rose und Alfred Steiner haben uns geschrieben, wie „Verbraucherinfos“ auf sie persönlich wirken.

Ansichten aus der terz-Generation: „Wie haben wir das nur überlebt?“

Ansichten aus der terz-Generation: „Wie haben wir das nur überlebt?“

Haben wir es nicht unheimlich weit gebracht? Durchs ganze Jahr, tagtäglich und bei fast jeder Tätigkeit werden wir mit Kleingedrucktem über die Medien und die eigenen elektronischen Mittel durch den Alltag geführt und vor Schaden bewahrt. Vieles ist „bio“ (Was heisst ,bio’ schon wieder?). Fast alles ist deklariert, kommentiert, datiert, geregelt, herkunftsbezeichnet. Wenn wir Tierprodukte verzehren, finden sich sogar Hinweise darauf, wo die Fleischlieferanten wohnten und ob sie bis zu ihrem Ableben glücklich waren. In Bälde wird den Eiern wohl auch das Attest eines Tierpsychologen über die Befindlichkeit des Huhns während des Legevorgangs beigefügt. Wie schön, dass man sich jetzt, wo weltweit alle zwischenmenschlichen Probleme gelöst sind, solchen Dingen widmen kann.

Inhaltsstoffe in unserem Essen
Von jedem Fertigprodukt kennen wir seine Zusammensetzung. Wir kauften da letzthin etwas. Es enthielt: Wasser, Erdbeeren (28%), Zucker, Weissmehl (Weizen), pflanzliche Fette und Öle (Palm, Raps), Eier (Bodenhaltung), modifizierte Stärken (Kartoffel, E 1414, E 14121, Mais, E 14221), Traubenzucker, Vollmilchpulver, Glucosesirup, Weizenstärke, Feuchthaltemittel (E420, E 422), Magermilchpulver, Emulgatoren (E472a, E 471, E 475, E 472b, E 472e), Milchzucker, Kochsalz jodiert, Verdickungsmittel (E 401), Eigelb (Bodenhaltung),Geliermittel (E 440), färbende Frucht- und Gemüseextrakte, Erdbeerenkonzentrat, Säuerungsmittel (E 330), Stabilisator (E 450), Aromen, Weizenfasern gemahlen, Säureregulatoren (E 331, E 333), Konservierungsmittel (E 202), Farbstoff (E 160a), Gerstenmalzmehl, Mehlbehandlungsmittel (E 300). Kochsalzgeh. total 0.5% Das Ganze nennt sich „Erdbeerschnitten“. Wir haben sie genossen.

Wissen beruhigt
Nach dem Lesen der Produkteinformation erhöhte sich der Genuss zusätzlich, weil wir erfuhren, wie viele Teilchen uns diesen Genuss verschafft hatten. Zugegeben: Wir verstehen nicht die Hälfte dieses ganzen „E-Kauderwelschs“. Das Wissen jedoch, dass der Rest der Welt eben intelligenter, besser gebildet ist und somit alles versteht, beruhigt. Beinahe hätte es unsere Naivität akzeptiert, die (auch vorhandene) Allergiker-Info als genügend zu betrachten: „enthält Eier, Gluten, Milch“.

Ist es nicht schön, wie wir umsorgt sind? Auf einem kürzlich erworbenen Gewürzglas steht „Kümmel, Cumin, Cumino (ganz)“. Info: Inhalt: Kümmel; Zutaten: Kümmel (Niederlande). Immerhin wissen wir jetzt, wo der Kümmel (ganz) wächst und dass der Inhalt dem entspricht, was auf der Etikette steht. – Oh, eben stellen wir fest, dass er (der Kümmel) nur „mindestens haltbar bis 07.2011“ ist. Nun ist es Dezember und das Glas ist noch halb voll! Doch Kümmel sei Dank; er ist gut für die Verdauung. So werden wir ihn, gemäss dem intelligent-verständ-lichen und allgemein gültigen Grundsatz „Verdauung gut – alles gut“ trotzdem noch konsumieren. Das Gleiche nehmen wir uns auch für andere Produkte vor, jedenfalls so lange, wie der Verzehr nach dem Verfalldatum noch nicht strafbar ist.

Unvergleichbare Gegenwart
In unserer elektronisch entmenschlichten Welt laufen wir immer mehr Gefahr, all diese „Verbraucherinfos“ unbesehen zu übernehmen und danach zu handeln. (Abschalten und einfach tun was befohlen wird war, nach landläufiger Meinung, bis vor wenigen Jahren auf den Militärdienst beschränkt – dies scheint inzwischen auch auf andere Bereiche übergegriffen zu haben.) Seien wir aber gerecht: Die bisher geäusserten Ansichten sind diejenigen von Fossilien: Unsere Kinder und Enkel leben in einer Zeit, wo vieles „einfach so“ und nicht vergleichbar ist.

Auf Wunsch unserer jüngsten Enkelin hat Rose eine kleine Geschichte ihrer Jugendzeit verfasst. Darin kommen die vor rund fünfzig Jahren noch gängigen Gegebenheiten wie Plumpsklo, Kanonenofen, Vorfenster, „eingelegte“ Eier, Warmwasser vom Herd, Kühlschrankwasistdas etc. vor, was die jugendliche Leserin zum Ausruf „Wie habt Ihr das nur überlebt?!“ veranlasste. So gesehen ist sogar ein respektierliches „Ablaufdatum“ ein wenig entschuldbar.

Nein, der Auslöser für den etwas kritischen Bericht war nicht das „trotzdem überleben“. Es war vielmehr die Tatsache, dass uns Menschen das Leben geschenkt ist. Hätten wir’s gekauft, so wäre uns vom Konsumentenschutz schon bei der Geburt ein Chip mit Herstellungsort, -zeit, -art, Ablaufdatum, Inhalt und Verbraucherinfos eingepflanzt worden. Und weil uns das Leben geschenkt ist, sollten wir es, trotz vielem Auf und Ab und im Wissen um die Endlichkeit, gestalten und geniessen. Wir „Älteren“ haben den Vorteil, Manches aus der Distanz zu betrachten und ruhiger zu nehmen. Was uns zwei betrifft, so freuen wir uns an Roses Herzklappen-Erfolg (mindestens haltbar bis…), an jedem schönen Tag, an Fredis schrittweisem Rückzug aus den öffentlichen Ämtern, am Umstand, dass es uns, statistischen Ablaufdaten zum Trotz, vergönnt ist, beschwerdefrei wandernd, Gegenden zu entdecken, an unseren tüchtigen Kindern und super heranwachsenden Enkeln, an neuen Herausfor-derungen, inbegriffen solche, die uns mittelfristig wieder zurück zu unseren „Wurzeln“ bringen sollten.

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