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Alte nicht an den Rand der Gesellschaft drängen

Autorin: Yvonne Tempelmann, Redaktion terzMagazin

„Altersdiskriminierung“ – ich hasse diesen Begriff. Nur, natürlich entstand er nicht von ungefähr. Und natürlich sind Vorkommnisse nicht wegzudiskutieren, die dazu führten, dass er entstehen konnte, vielleicht musste.

Aus unseren Köpfen und aus unserem Alltag aber kann er kaum verschwinden, solange er weiter „gefüttert“ wird. Eben wieder behinderte „ein Alter/eine Alte“ den Sonntagabendverkehr durch stressendes Langsamfahren, wo doch alle so schnell wie möglich heimkommen wollten. Ein Betagter/bzw. eine Betagte sorgte am Postschalter für „Stau“, weil er/sie nicht verstehen konnte, dass der 200 g schwere Auslandbrief sage und schreibe beinahe zehn Franken Porto kosten sollte – „das ist doch nicht möglich, ist doch ein falscher Tarif“ – insistierte der Kunde. Zugegeben, das sind eigentlich noch beinahe harmlose Beispiele dafür, dass man schnell bereit ist, sie sofort in die Schublade „die Alten“ einzuordnen, welche unsere heutige „Gesellschaft“ eigentlich nur stören.

Toleranz und Verständnis
Dennoch: Wir sind eben da, Teil unserer Gesellschaft, und es wäre an der Zeit, uns Seniorinnen und Senioren mit Toleranz und Verständnis zu begegnen, damit wir uns nicht prinzipiell an den Rand dieser Gesellschaft gedrängt fühlen müssen. Denn: Es wird nicht besser kommen. Jede/r nimmt heute alle Möglichkeiten, gesund älter zu werden wahr, welche die sich stetig weiter entwickelnden Möglichkeiten der heutigen Medizin bieten. Nicht nur dies: Wir werden sogar angehalten, selber auf unsere Gesundheit zu achten, uns so gesund und oft wie im einzelnen Fall möglich zu bewegen, sei’s in Wald und Feld oder im Fitnesszentrum. Und die meisten, glaube ich, geniessen es, diesen letzten Lebensabschnitt aktiv und geistig in Form zu erleben.

Andere Alte als je zuvor
Wir sind – durch die ganzen Entwicklungen favorisiert – ein bisschen „andere“ Alte als die Generationen, die vor uns ohne alle die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten alt geworden sind. Anstatt über „die Alten“ zu meckern wäre es vielleicht angesagt, sich die – gar nicht wenigen – positiven Beispiele, die es nämlich auch gibt, in Erinnerung zu rufen. Abgesehen davon leisten Seniorinnen/Senioren auch im kleinen Rahmen, fern aller Öffentlichkeit, recht viel unbezahlte Freiwilligenarbeit in der Familie und für die Allgemeinheit (Institutionen Pro Senectute und Caritas zum Beispiel).

Der deutsche Zukunftsforscher Matthias Horx, Jahrgang 1955, hielt bereits vor etlichen Jahren nichts von den Schreckensszenarien zur Überalterung. „Zu erwarten sei vielmehr eine Gesellschaft des verlängerten Lebens und damit die Renaissance von Respekt, Reife und Kompetenz.“ (NZZ am Sonntag). Das kann man sich nur wünschen. Und es passt in den Kontext zu den Äusserungen des renommierten Schweizer Soziologieprofessors François Höpflinger und der ebenso angesehenen Psychologieprofessorin Pasqualina Perrig-Chiello, die in ihrem Buch „Die Babyboomer“ beschreiben, wie die heutige „alte Generation tickt.“ Demnach dürfen wir durchaus damit rechnen, dass unsere Lebenserwartung noch weiter ansteigt. Das gilt übrigens auch für diejenigen, die uns Senioren heute ins Pfefferland wünschen.

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