Kinder lernen, Demenz zu verstehen

Die ersten Klänge auf Andrew Bonds E-Piano ertönen und es wird mäuschenstill im Saal. Aufmerksam hören die vor der Bühne sitzenden Kinder und ihre Eltern und Grosseltern dahinter auf den Stühlen dem ersten Lied zu: «Hebed Sorg zu dem Planet, dass jede sini Zuekunft gseht.» Man spürt auf Anhieb, dass Musik die Herzen berührt und in diese singt sich der Liedermacher im Verlauf des Nachmittags. Projektleiter René Künzlis Begrüs-sungsworte richten sich insbesondere an die Kinder im Saal: «Das diesjährige Thema „Weisst du, was Demenz bedeutet?“ unserer Kampagne ist auf euch ausgerichtet und ihr steht im Zentrum.» Er weist darauf hin, dass schweizweit über 150 000 Menschen an Demenz erkrankt sind und zwischen 60 und 70 Prozent von ihnen zuhause von den Angehörigen betreut und begleitet werden. «Somit ist eine halbe Million Menschen direkt oder indirekt von dieser Krankheit betroffen», hält Künzli fest. Viele von ihnen sind Enkel-kinder, die eine enge Beziehung zu ihren Grosseltern pflegen und bei einer Demenzerkran-kung mit ihnen nicht mehr kommunizieren können. «Unsere Botschaft in diesem Jahr besteht darin, die Kinder auf eine solche Situation vorzubereiten und aufzuzeigen, was eine Demenz-Erkrankung beinhaltet und wie trotz dieser kognitiven Einschränkungen noch eine gute Verbindung hergestellt werden kann», erklärt Künzli.

«Mängmol isch’s Grosi komisch»
«Es war ein schöner Nachmittag zusammen mit dem Grosi im Tierpark, aber manchmal ist das Grosi schon etwas komisch und fragte mich dreimal, in welcher Klasse ich sei und beschuldigte mich, dass ihre Zahnbürste nicht mehr am richtigen Ort sei», berichtet Mathis seiner Mutter. Sie erklärt ihrem Sohn, dass Demenz eine Krankheit im Kopf ist, die man nicht sieht. Sie erklärt anhand einer Röhre die Gedanken-Autobahnen im menschlichen Gehirn, auf denen die Gedanken hin und her gehen, so wie beim gezeigten Tennisball auf einer Röhre. «Bei Menschen mit Demenz kommt ein Gedanke zwar im Kopf an, aber die fiese Demenz setzt sich in die Mitte der Gedankenlaufbahn und der Gedanke kehrt zurück und kommt im Gehirn des Erkrankten nicht an», erläutert die Mutter von Mathis. Weiter erhält er eine Erklärung am Beispiel eines Apfels. Ein Stück wird abgebissen und symboli-siert das Fehlen der Erinnerung. Immer mehr Stücke werden abgebissen und weitere Erinnerungen fehlen. «Demenzerkrankte müssen in unsere Mitte genommen werden und brauchen unsere Hilfe und Unterstützung», erklärt Rebecca Bohli ihrem Sohn. Beide entschliessen sich, dem Grosi einen Brief mit einem Foto dazu zu senden von früher.

«Anna mag Oma und Oma mag Äpfel»
Kinderbuchautorin Katrin Hofer Weber erzählt vor den auf die Leinwand projizierten Originalbildern und mit musikalischer Begleitung aus ihrem Buch die Geschichte «Anna mag Oma und Oma mag Äpfel». Anna ist traurig, dass ihre Oma sich so verändert hat und sie nicht mehr versteht, doch dann hat sie eine Idee, wie sie und ihre Oma wieder zueinan-der finden. «Sunnestrahl» singt Bond und spontan setzen klein und gross ein und auch das Lied «Heile, heile sorge» und die darin besungene «Musizin», haben einen tieferen Hinter-grund, denn der Liedermacher weiss, dass die Musik bei vielen an Demenz erkrankten Menschen etwas Besonderes bewirken kann. Am Ende des Nachmittags erhalten alle Besucherinnen und Besucher, klein und gross, eine Broschüre mit der besagten Geschich-te und alle Kinder symbolhaft einen Apfel. Gleichzeitig bestand die Möglichkeit, an einem Wettbewerb mit schönen Preisen mitzumachen. Regierungsrat Urs Martin wird am Freitag, 27.06. um 11.00 Uhr im Regierungsgebäude Frauenfeld 20 Gewinner auslosen. Die Siegerehrung findet am Samstag, 6. Sept. im Conny-Land statt. Jedes Kind, das ausgelost wird, darf drei Personen seiner Wahl zur Siegerehrung einladen. Zuerst wird ein Frühstück mit Seelöwen serviert.

«Es hat mir sehr gefallen, dies, obwohl ich schon einiges wusste», sagt Noe und Silvan doppelt nach: «Ich habe schon einiges gewusst, weil mein Grosspapi an Demenz erkrankt ist. Trotzdem habe ich Neues dazugelernt». Viel gelernt hat Melina an diesem Nachmittag und auch Sophie, deren Neni an Demenz erkrankt ist, meint: «Ich habe einiges dazu gelernt. «Ich verstehe das Funktionieren der Demenz nun besser», sagt Robin und weiter ist schon Max: «Ich habe das Kinderbuch gelesen und dadurch schon vieles gewusst.»

Mit dabei waren an diesem Nachmittag im Foyer des Thurgauerhofs insgesamt auch zehn verschiedene Institutionen, die sich den Besucherinnen und Besuchern an ihren Informati-onsständen für Fragen rund um das Thema Demenz zur Verfügung stellten.

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