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Was Reklame mit Betteln und Hausieren verbindet

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Farbtupfer in unserer oft grauen Welt werden durch abweisende Schilder und Aufkleber verhindert.

Annemarie Golser

Annemarie Golser

Die Strasse meiner Kindheit war zweigeteilt. Auf der einen Seite standen unsere zweistöckigen Mehrfamilienhäuser, auf der andern die „Villen“ mit grossen, schmiedeeisenumzäunten Gärten. Am imposanten Tor war ein goldenes Schild angebracht: „Betteln und Hausieren verboten“. Ich bedauerte die Kinder hinter diesen Schranken. Sie lebten abgesondert, kannten das bunte Völklein nicht, das uns von Zeit zu Zeit aufsuchte und nicht nur Seife und Hosenträger feilbot, sondern auch einen Hauch verlockende Fremdheit mitbrachte. Fiel ein Ball bei unserem Spiel in das geschützte Territorium, wagten wir nicht, ihn zu holen.
Die Schilder aus dieser Zeit sind verschwunden. Sie haben eine Nachahmung gefunden im Hinweis: „Stopp Reklame“. Wie alles in der Gegenwart, nimmt auch die Werbeflut riesige Dimensionen an. Längst werden Magazine und Zeitungen durch voluminöse Beilagen zu umfangreich. Das wird wohl akzeptiert, solange das Altpapier gratis entsorgt werden kann.
Trotzdem sehe ich die Prospekte und Flyer in meinem Briefkasten mit andern Augen. Die abweisenden Kleber berühren mich, geht es doch auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Fachkräfte der Werbebranche haben ihre Fähigkeiten zum Teil in einem langen Ausbildungsgang erworben. Das Anforderungsprofil eines Grafikers ist hoch. Gefragt sind Ausdauer, Begabung, Kreativität, Liebe zum Detail, Vielseitigkeit. Natürlich ist längst nicht alles, was geboten wird, fachlich einwandfrei. Aber die Werbeleute bringen doch nicht zuletzt mit Originalität, Farbe in unsere graue Welt.

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