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«Wieso Handlauf? Ich bin doch versichert»

Autor: Jürgen Kupferschmid, Redaktor terzOnlinemagazin

Wenn eine Treppe vorhanden ist, und diese entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben, so zahlt im Schadensfall ja eine Versicherung. Allerdings kann dies zu einer sehr teuren Erfahrung werden.

Treppen müssen für alle Nutzergruppen bequem und sicher begehbar sein. Foto: bfu

Treppen müssen für alle Nutzergruppen bequem und sicher begehbar sein. Foto: bfu

Die regelmässige Überprüfung von Treppen gehört zu den Pflichten des Hausbesitzers, und dazu zählt nicht nur die Streu- und Räumpflicht im Winter. Ein Gericht hat entschieden, dass Treppen, die nicht verkehrssicher sind, für die Öffentlichkeit zu sperren sind, und gleichzeitig den Hausbesitzer zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verurteilt. Bauten und Anlagen müssen den anerkannten Regeln der Baukunde entsprechen und dies unabhängig von einem neu bewilligungsfähigen Bauvorhaben; dies gilt also auch für bestehende Bauten und Anlagen.
Diese gesetzliche Vorgabe ergibt sich vor allem aus dem verfassungsrechtlichen Schutz für ältere und behinderte Menschen, die oftmals an Treppen grösste Problem haben oder ohne einen Handlauf die Treppe selbstständig und ohne fremde Hilfe gar nicht benutzen können. Es gilt vor allem für öffentliche Bauten, aber auch für öffentlich zugängliche Bauten, dass die Bedürfnisse von Behinderten und Betagten berücksichtigt werden müssen.

Normen und Gesetze
Speziell beim Thema Treppensicherheit gilt die SIA-Norm 358. Dazu gilt aber auch die SIA-Norm 500 für behindertengerechtes Bauen, die sich ausführlich mit dem Thema Treppe befasst. Wenn der Laie an Behinderte denkt, so kommt ihm meist der Rollstuhlfahrer in den Sinn, dabei sind weniger als ein Prozent der Behinderten Rollstuhlfahrer.
Für die meisten Behinderten, vor allem für blinde und sehbehinderte Menschen und die ganz grosse Gruppe von Menschen mit motorischen Einschränkungen sind sichere Treppen notwendig. Deshalb müssen hier beidseitig Handläufe sein, die sicheren Halt geben, griffsicher und gut umgreifbar sind. Und dies in einer Höhe von 85 bis 90 cm durchlaufend und mindestens 30 cm über das Treppenende oder den Treppenanfang hinausgehend, mit möglichst rundem oder ovalem Querschnitt von zirka 3 bis 4,5 cm, dazu unterseitig angeordnete Halterungen. Besonders ältere Menschen sind für normgerechte Handläufe sehr dankbar. Ausser der SIA gibt der Schweizer Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) Normen heraus, auch diese bestimmen den Stand der Technik. So regelt der Punkt 7.1. der «SN 640 238» auch die ordnungsgemässe Bauweise von Treppen, Geländern und Handläufen, damit Treppen für alle Nutzergruppen bequem und sicher begehbar sind. Auch hier ist der Handlauf an Treppen ausdrücklich selbst bei wenigen Stufen geregelt, oftmals ist sogar der beidseitige Handlauf vorgeschrieben.

Mangelhafter Unterhalt
Die technische Norm ist anerkannter Stand der Technik, aber kein Gesetz. Sie erhält jedoch Gesetzescharakter, wenn sie in den örtlichen oder kantonalen Bauvorschriften der Behörde erwähnt ist, was vielerorts der Fall ist. Die Einhaltung der Gesetze und Normen liegt auch und hauptsächlich im Interesse des Hauseigentümers.
Auch wenn sich der Eigentümer mit der Abweichung einer Norm einverstanden erklärt, haftet er zivilrechtlich entsprechend der Werkeigentümerhaftung des Art. 58 Obligationenrecht. Darin heisst es, dass der Eigentümer eines Gebäudes den Schaden zu ersetzen hat, den dieser infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhaftem Unterhalt verursacht. Damit kann ein fehlender oder falsch angebrachter Handlauf recht teuer werden.

Ausführliche Informationen über normgerechte Treppenanlagen finden sich im Internet unter: www.treppensicherheit.ch

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