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Testamente – Möglichkeiten und Stolpersteine

Autor: Roman Salzmann

„Erstaunlich viele Menschen überlassen es dem Zufall, was mit ihrem Hab und Gut nach dem Tod geschieht“, sagt der Weinfelder Rechtsanwalt Dr. Hans Rudolf Forrer, Fachanwalt SAV Erbrecht: „Gedanken um den eigenen Nachlass werden vielfach verdrängt und entsprechende Regelungen hinausgeschoben.“ Eine vorausschauende Planung lohne sich meist, denn: „Das Erbrecht hat viele Tücken.“

Mit einem klaren Testament können Erbstreitigkeiten vermieden werden. Bild: istockphoto.com

Mit einem klaren Testament können Erbstreitigkeiten vermieden werden. Bild: istockphoto.com

Die gesetzliche Erbfolge, die immer dann zur Anwendung kommt, wenn nichts anderes geregelt wurde, entspricht oft nicht den eigenen Wünschen. Sie richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad und nicht danach, wie nahe jemand der verstorbenen Person stand. Nichtverwandte, etwa die Lebenspartnerin oder Stiefkinder, gehen leer aus. „Auch der Ehepartner kann in Bedrängnis geraten, wenn die übrigen gesetzlichen Erben – in erster Linie die Kinder – auf der Herausgabe ihres Anteils am Nachlassvermögen bestehen“, gibt Forrer zu bedenken.

Allein über Nachlass bestimmen
In einem Testament – dies im Gegensatz zum Erbvertrag – könne der Erblasser zu Lebzeiten alleine bestimmen, wie sein künftiger Nachlass zu regeln ist, sagt Forrer. Einzige Schranke seien die Pflichteile des Ehepartners und der Nachkommen, welche stets eingehalten werden müssten. Wenn keine Nachkommen da seien, hätten auch die Eltern Anspruch auf einen Pflichtteil.
Ein Erblasser könne ein Testament entweder eigenhändig oder mit öffentlicher Beurkundung errichten. Das eigenhändige Testament müsse von Anfang bis Ende von Hand niedergeschrieben, datiert und unterzeichnet werden. Gegenseitige Testamente von zwei Personen auf dem gleichen Blatt seien ungültig. Beide Partner müssten selber ein Testament schreiben. Ein öffentliches Testament müsse vor einer Urkundsperson erarbeitet werden, erklärt Forrer: „Im Kanton Thurgau sind dies die Notare und die im kantonalen Register eingetragenen Rechtsanwälte.“ Eine Ergänzung, Abänderung oder ein Widerruf bedürfe der gleichen Form wie die Errichtung eines neuen Testamentes. Es kann vom Erblasser aber auch vernichtet werden, wenn es keine Gültigkeit mehr haben soll. Ganz ausnahmsweise, wenn sich jemand in unmittelbarer Todesgefahr befindet, kann ein Nottestament errichtet werden, indem der letzte Wille vor zwei Zeugen erklärt wird.

Vorschriften für die Teilung
Der Inhalt eines Testamentes kann vielfältig sein. So könne der Erblasser verfügen, dass beispielsweise der Ehepartner oder die Nachkommen mehr oder weniger erhalten sollen, als das Gesetz vorsieht. Oder er kann eine ihm nahestehende Person, etwa den Lebenspartner, als Erbe einsetzen. Der Erblasser kann jemandem auch einen Geldbetrag oder einen bestimmten Gegenstand in Form eines Vermächtnisses zukommen lassen. Erblasser können zudem mit Teilungsvorschriften regeln, wer welche Vermögenswerte aus dem Nachlass erhalten soll. Ohne solche Vorschriften könne die Erbteilung oft langwierig, aufreibend und teuer werden, sagt Forrer. Die Erben müssten dann nämlich untereinander ausmachen, wer zum Beispiel das Haus, die Ferienwohnung, das teure Gemälde oder das Auto erhält. Eine Teilungsvorschrift ist insbesondere für den überlebenden Ehegatten sinnvoll, da er nur auf das gemeinsam bewohnte Heim und das gemeinsame Mobiliar ein Vorrecht hat. Regelungen seien insbesondere sinnvoll bei sogenannten Patchwork-Familien, wenn es um die Unternehmensnachfolge gehe oder etwa bei kinderlosen Ehegatten. Forrer weist darauf hin, dass sich das Umfeld immer wieder ändern kann, weshalb es ratsam sei, die bestehende Nachlassregelung periodisch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Auch könne im Testament ein Willensvollstrecker bestimmt werden.

Streitereien vorbeugen
Das Erbrecht ist recht komplex. Forrers Erfahrung: „Am Ende geht es oft ums Geld. Und wenn keine klaren Regelungen vorliegen, ist die Wahrscheinlichkeit von Streitigkeiten unter den Erben leider gross. Aber wer wünscht sich schon, dass sich die Überlebenden allenfalls jahrelang in den Haaren liegen, mit dem Ergebnis, dass sich innerhalb einer möglicherweise vorher funktionierenden Familie für immer Gräben auftun?“ Deshalb empfiehlt Forrer jedem, seine persönliche Situation einmal zu überdenken und allenfalls mit einem Fachmann zu besprechen. In Beratungsgesprächen könne auf die zu beurteilenden Familiensituationen eingegangen und eine den individuellen Bedürfnissen entsprechende Regelung gefunden werden.

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