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Ein Werkzeug für barrierefreie Webgestaltung

Autorin: Margareta Annen-Ruf, Mitglied terzRedaktion

Am 1. Swiss E-Accessibility Forum anfangs Juni 2016 in Zürich wurden neuartige Formen technischer Hilfsmittel vorgestellt, die Menschen mit einer Seh-, Hör- oder andern Behinderung die optimale Nutzung moderner  Technologien ermöglichen. Präsentiert wurde Vielversprechendes mit Verbesserungspotenzial.

Das Team des ICT-Accessibility Lab bei der Preisübergabe

Das Team des ICT-Accessibility Lab bei der Preisübergabe

Wie Professor Dr. Ali Reza Davishy und Professor Carl August Zehnder vom Netzwerk Swiss E- Accessibility Forum eingangs erklärten, will das 1.Swiss E-Accessibility den Austausch, Wissenstransfers und Innovationen im Bereich E-Accessibility fördern. Es gehe darum Menschen mit Seh-, Hör- und anderen Behinderungen, neuartige Formen technischer  Hilfestellungen anzubieten, die ihnen den Umgang mit den modernen Technologien erleichterten.
Severin Münger vom ICT–Accessibility Lab  ZHAW (Laboratorium der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Winterthur) stellte sodann das Webtool PAVE (PDF-Accessibility Validation Engine) vor. Das von Forschenden der ZHAW mit Unterstützung des Schweizerischen Sehbehinderten-und Blindenverbandes (SBV) entwickelte Webtool,  wurde an der  „International Conference on Computers Helping People (ICCHP)“ 2014 in Paris,  mit dem  1. Preis  ausgezeichnet. Elektronische Dokumente, die sich sehbehinderte und blinde Menschen von einer geeigneten Software vorlesen lassen können, funktionieren bei PDF-Dokumenten nur, wenn sie entsprechend „getaggt“ bzw. mit den nötigen Metainformationen versehen sind. Ohne diese  werden in einem PDF-Dokument u.a. etwa Überschriften nicht erkannt, wird über Spalten hinweggelesen und / oder  werden Bilder ignoriert.
Mit PAVE, dem  weltweit  ersten Webtool, werde dieses weit verbreitete Problem auf einfache Art und Weise gelöst, sagte Münger. Die Applikation, mit der ein Dokument erstellt wurde, spiele dabei keine Rolle. An einem Beispiel stellte der Referent  sodann  die Vorgehensweise und den Unterschied zwischen einem herkömmlichen „nicht-getaggten“ und einem mit PAVE „getaggten“ PDF dar. Unter  www.pave-pdf.org steht das Webtool kostenlos zur Verfügung. Zudem ist das Einführungsvideo hilfreich. Der Nutzen von PAVE ist unbestritten, doch die  barrierefreie Gestaltung  ist recht zeitaufwändig. Zudem lassen sich „getaggte“ PDF-Dokumente  nicht unbedingt ausdrucken.

Positive Entwicklungen aufgreifen
Für Luciano Butera, Leiter der  Fachstelle Technologie und Innovation (TI)  des Schweizerischen  Sehbehinderten und Blindenverbands (SBV), hat die technische Entwicklung negative aber auch positive Eigenschaften für  sehbehinderte und blinde Menschen. Die durch den SBV gegründete Fachstelle TI habe zum Ziel, mit  technischen Neuentwicklungen das eigenständige Leben der Betroffenen zu verbessern. Dazu  gehöre etwa  das Analysieren der negativen aber auch positiven technologischen Entwicklungen. Letztere gelte es aufzugreifen und daraus neue Dienstleistungen zu entwickeln und aufzubauen.  Wie weiter zu erfahren war, werden  teilweise auf Anfrage von Unternehmen auch Tests von Neuentwicklungen bzw. von  Produktegruppen  durchgeführt. Die daraus gezogenen Erkenntnisse fliessen dann  in die Produktegruppen bzw. Neuentwicklungen ein.
An  weiteren  SBV- Produkten nannte Butera u.a. den E-Kiosk, auf dem rund 50 Zeitungen/Zeitschriften Blinden & Sehbehinderten zugänglich sind;
die seit  2015  bestehende App – beides soll weiterentwickelt werden;
die Orientierungs- und Navigationshilfe Myway Classic und
den Open-Hub, der die Kommunikation im Bereich IT-Accessibility verbessern soll.

Autisten in der Arbeitswelt – eine Bereicherung
Stefanie Nennstiel zeigte am Beispiel des grössten europäischen und weltweit viertgrössten Software Entwicklers und Produzenten (SAP), wie Autisten in die Arbeitswelt integriert werden können. Es gehe darum, den Defizitansatz bei Menschen mit einer Behinderung zu überwinden und  zu fördern was sie gut können.
Autisten verfügten  u.a. etwa  über Ausdauer besonders bei repetitiven Aufgaben, logisches und  analytisches Denkvermögen, die Fähigkeit  Abweichungen in Daten, Systemen und Informationen zu erkennen sowie über ein hohes Konzentrations­vermögen über einen längeren Zeitraum hinweg und ein überdurchschnittlich gutes Zahlengedächtnis, sagte Nennstiel.
An Zielen nannte sie, die Fähigkeiten der Autisten als Wettbewerbsvorteil zu vermarkten und  die Bereicherung, die Autisten einem  Unternehmen bringen würden, bekanntzumachen sowie den Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer  und die Informationen zwischen den verschiedensten Akteuren zu fördern, um die innere und äussere Kultur  zu verändern. Ein Kurzfilm  veranschaulichte das Gesagte.

Keine bahnbrechenden  Fortschritte
Laut Sarah Ebling und Katia Tissi von der Universität Zürich (UZI) und Andri Reichenbacher, ICT  Accessibility ZHAW,  kennt   das linguistische System weltweit  etwa 120 Gebärdensprachen,  zu denen  stets  neue  hinzukämen. In der Schweiz gibt es die Deutschweizerische Gebärdensprache (DSGS), die Language des Signs française (LSF-S) und die Lingua dei Segni italiana (Svizzera (LIS-S). Neben den manuellen Komponenten wie u.a. etwa Handform, Handstellung, Fingerrichtung, Handfläche,  Handbewegung, gibt es auch  die  nicht-manuellen Bewegungen wie etwa Schulter-, Oberkörper- und Kopfbewegung, Blick, Gesichtsausdruck, Augenbrauen,  Mundbilder und –formen.
Weiter erwähnt wurden die semantische Repräsentation von Gebärdensprachen und   die gross geschriebenen Wörter der umgebenden Lautsprache.
Die Referenten wiesen weiter auf die Verschriftlichung der Gebärdensprachen nach dem HamNo System (Hamburger Notationssystem) und den Stand der Automatisierung  hin. Die Fortschritte bezüglich letzterer seien nicht bahnbrechend, aber sie gingen in die richtige Richtung.
Abschliessend stellte  Professor Dr. Alireza Darvishy Amazon Echo vor, das im Juni 2015 veröffentlicht wurde und u.a. Musik abspielt, das Wetter wiedergibt, Alarme auslöst und mit Sensoren Klimaanlagen oder  das Licht steuern kann.
Die Accessibility Management Platform SSB-BART wiederum  ist eine Web-basierte Plattform, die die Accessibility Konformität automatisch überprüft.
Mehr Informationen unter: www.e-accessibility-forum.ch

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