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Das Internet – Fluch und Segen

Autorin: Annemarie Golser, Redaktion terzMagazin

Mangels Interesse musste der Frauenverein die Computerkurse für Senioren aus dem Programm kippen.

Annemarie Golser

Annemarie Golser

Die älteren Semester mailen längst mit ihren Enkeln, suchen via Bildschirm die gewünschte Zugverbindung oder informieren sich mit Mausklick über die Öffnungszeiten des beliebten Gartenbeizli.
Am Beispiel unserer Lesegruppe möchte ich zeigen: Das Internet ist der Untergang der eigenen Wahrnehmung! Vor der „Computerzeit“ kam es bei den gemeinsamen Treffen dank unterschiedlicher Auffassungen zu lebhaften Auseinandersetzungen und Wortgefechten. Die gegensätzliche Beurteilung einer Lektüre animierte dazu, sich zu hinterfragen und das Buch nochmals aus einem anderen Blickwinkel zu lesen. Jetzt liefert „Google“ das Wissen über Autor und Inhalt, und die einst individuellen Kommentare sind gleichgeschaltet. Aber die Faszination von dieser „Wundereinrichtung“ ist grösser als die Skepsis, ob all die Informationen, die uns im Eiltempo serviert werden, auch korrekt sind.
Dem Internet verdanke ich den regen Kontakt mit meiner amerikanischen Verwandtschaft. In früheren Jahren wurden lediglich Neujahrsgrüsse per Post ausgetauscht. Heute erreicht mich an jedem Feiertag – es gibt in den USA viel zu feiern! – ein musikalisch untermaltes Trickfilmchen. Durch den Trend zur Ahnenforschung meldet sich gar die jüngste Generation und ich kann sie online mit Dokumenten über ihre Vorfahren beglücken. Leider hat es mein aus dem Bernbiet ausgewanderter Onkel versäumt, seine Nachkommen zweisprachig aufwachsen zu lassen. So ist mein Schulenglisch wieder gefragt. In Übersee bedient man sich der meist fragwürdigen Google-Übersetzung. Es tut mir aber in der Seele wohl, wenn Cousine Teresa mir mailt: „Ich hoffe, Sie sind gut“.

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